Thüringen hat einen neuen Ministerpräsidenten: Im dritten Wahlgang hat der erst kurzfristig aufgestellte Kandidat der FDP, Thomas Kemmerich, gewonnen - mit den Stimmen der AfD.
Der bisherige Regierungschef Bodo Ramelow von der Linken hat in den ersten beiden Wahlgängen zur Wahl des Ministerpräsidenten nicht die erforderliche absolute Mehrheit erreicht. Die AfD hat ihren Kandidaten Christoph Kindervater erneut antreten lassen und dann aber offenbar für Thomas Kemmerich gestimmt.
Im entscheidenden dritten Wahlgang hat Thomas Kemmerich 45 und Bodo Ramelow 44 Stimmen erhalten, bei einer Enthaltung. Für Christoph Kindervater stimmte niemand.
Kemmerich nimmt Wahl an
Thomas Kemmerich hat die Wahl angenommen und ist direkt danach im Landtag als neuer Ministerpräsident vereidigt worden.
Die rot-rot-grüne Koalition von Bodo Ramelow hatte bei der Landtagswahl vor drei Monaten die Mehrheit verloren. Bodo Ramelow wollte die Zusammenarbeit in Form einer Minderheitsregierung fortsetzen.
Ramelow zweimal nicht gewählt
Im ersten Wahlgang hat Bodo Ramelow in geheimer Wahl 43 Stimmen erhalten, im zweiten 44. Der von der AfD aufgestellte Gegenkandidat, der parteilose Kommunalpolitiker Christoph Kindervater, hat zunächst 25 und dann 22 Stimmen erhalten. Die übrigen Abgeordneten haben sich jeweils enthalten. Die AfD verfügt im Erfurter Landtag über 22 Sitze.
Im dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit, sofern es einen Gegenkandidaten gibt. Neben Bodo Ramelow und Christoph Kindervater hat sich in diesem dritten Durchgang dann auch Thomas Kemmerich beworben. Er ist Landes- und Fraktionschef der FDP. Die Freien Demokraten hatten seine Kandidatur in Aussicht gestellt, aber zur Bedingung gemacht, dass auch der parteilose Bewerber der AfD im Rennen bleibt.
Kritik auf Bundesebene
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) twittert, jeder anständige Liberale solle sich schämen, wenn sich ein FDP-Mann in Thüringen mit den Stimmen der AfD wählen lasse.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hat die Wahl einen "bewussten Verstoß gegen die Grundwerte unseres Landes" bezeichnet. Mit Feinden der Demokratie lasse sich keine Zukunft für Thüringen gestalten, schreibt die aus dem Bundesland stammende Politikerin.
Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Bernd Riexinger, spricht von einem Tabubruch. Seine Partei verbreitet auf Twitter die Parole "Lieber mit Faschisten regieren, als nicht regieren - Freie Demokraten" in Anspielung auf ein früheres Zitat des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner.
Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, hat Thomas Kemmerich per Twitter ihre Glückwünsche zur Wahl gesendet.
Thüringens CDU-Chef Mike Mohring sagt: "Wir haben uns entschieden, den Kandidaten der bürgerlichen Mitte zu unterstützen." Von Thomas Kemmerich erwarte er nun eine "klare Abgrenzung zur AfD". Mike Mohring beruft sich auf die "staatspolitische Verantwortung".
AfD: Neustart in der Politik
Der AfD-Fraktionschef im thüringischen Landtag, Björn Höcke, sieht in der Ministerpräsidentenwahl "einen Neustart der Thüringer Politik". Die AfD habe ihr Wahlversprechen gehalten, sagte er in Erfurt. "Wir wollten Rot-Rot-Grün beenden." Er hoffe, dass von dieser Wahl ein Signal ausgehe, das bundesweit beachtet werde.