Doomscrolling bedeutet, dass wir uns in eine negative Spirale von Nachrichten begeben, bei der wir immer weiter scrollen und immer mehr schreckliche Informationen konsumieren. Raul Krauthausen berichtet, wie er es geschafft hat, für sich ein gesundes Maß an Informationen zu finden. Und die Neurowissenschaftlerin Maren Urner erklärt, wie viele Informationen zu viel sind und warum es wichtig ist, dem Gehirn auch mal eine Pause zu gönnen.
Es ist noch gar nicht lange her, dass Raul Krauthausen jede halbe Stunde Nachrichten gehört und sich etwa zwei bis drei Stunden täglich mit der aktuellen Weltlage auseinandergesetzt hat. Er sagt, dass er sich im Scrollen durch eine Masse an Beiträgen verloren hat – und dass Personen, die in den sozialen Netzwerken gerade nichts posten, unter Druck geraten, selbst informieren zu müssen.
Raul findet, dass das Posten für viele Menschen eine Möglichkeit ist, sich zu engagieren und auszutauschen. Aber wieder andere Personen nutzen seiner Meinung nach Postings auch, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.
Viele Information heißt nicht viel informiert
Die Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie Maren Urner erklärt, dass es beim Informieren zwei Seiten gibt.
Zum einen kann das Aufnehmen von vielen Informationen und die Auseinandersetzung mit Krisen dazu führen, dass wir bei kommenden Krisen besser gewappnet sind. Wir trainieren mit der Suche nach Informationen im besten Fall unsere Neugier. Dadurch werden wir an das Fehlen von Wissen und Schließen von Wissenslücken gewöhnt. Dieser sogenannte Neugier-Modus hilft uns also nicht in Panik oder Unsicherheit zu verfallen.
"Das wichtigste Learning, was wir mitnehmen können, ist es, die Unsicherheit zu akzeptieren und vielleicht ein Stück weit zu zelebrieren als Herausforderung und dadurch in so eine Art Neugier-Modus zu schalten."
Allerdings sagt Maren Urner auch, dass es immer eine Balance geben muss. Das Gehirn braucht auch etwas Gegensätzliches um abzuschalten – eine Runde Joggen zum Beispiel kann helfen. Das Abschalten ist wichtig, um die Informationen zu verarbeiten.
Wenn das Gehirn wie beim Doomscrollen keine Pause hat, dann kann es auch nicht mehr so viel aufnehmen und das bedeutet, wir haben am Ende weniger Informationen, als wenn aufgenommen, als wenn wir eine gute Balance zwischen Information und Pause-Machen haben.
Taktiken zur Bewältigung der Informationsflut
Unser Gehirn kennt drei Taktiken zur Bewältigung solcher Extremsituationen oder Krisen, sagt Maren Urner: Fight, Flight und Freeze. Also Kämpfen, Fliehen und Erstarren. Vor allem die ersten beiden sind in der Biologie bewährte Strategien, um zu überleben – sie können uns aber auch aus der Balance werfen. Um das wieder ins Gleichgewicht zu bringen, brauchen wir Pausen und Umschalt-Phasen.
"Ich merke, wie mir das guttut, weniger Nachrichten zu gucken und ganz aktiv zu schauen: wo kann ich helfen."
Auch Raul hat Wege gefunden, um im Alltag nicht mehr ins Doomscrolling zu verfallen.
Zum einen hilft er Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind. Dadurch hat er das Gefühl, etwas zu tun – und setzt sich nicht mehr unentwegt mit den Informationen zum Krieg in der Ukraine auseinander. Raul hat zwei Menschen aus der Ukraine bei sich aufgenommen und unterstützt sie zum Beispiel, indem er sie mit wichtigen Informationen versorgt.
Aber auch Ablenkung gehört inzwischen zu seinem Alltag.
"Ich habe aus dem Fenster geschaut und gesehen, dass die Sonne scheint und dachte – du könntest auch mal raus gehen nach vier Tagen drinnen."
Seine Strategie bei der Arbeit: Chatgruppen, in denen ganz gezielt über große Themen wie Corona oder den Krieg gesprochen werden kann. Außerdem hat er Apps auf seinem Handy gelöscht und möchte demnächst Webseiten für sich selbst sperren, um sich ein bisschen mehr zu beschränken.
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- Raul Krauthausen berichtet, wie er es geschafft hat, für sich ein gesundes Maß an Informationen zu finden und wie er gerade Menschen aus der Ukraine unterstützt.
- Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner erklärt, wie viele Informationen zu viel sind und warum es wichtig ist, dem Gehirn auch mal eine Pause zu gönnen.