Die österreichische TV-Journalistin Corinna Milborn hat ein Buch über die Macht von Social Media geschrieben. Ein Auszug geht gerade in den sozialen Medien viral. Darin erzählt sie, was passierte, als sie einen Mann besuchte, der ihr via Facebook gewünscht hatte, vergewaltigt zu werden.
In ihrem Buch "Change the Game" beschreibt die österreichischen TV-Journalistin Corinna Milborn zusammen mit ihrem Kollegen Markus Breitenecker, wie Facebook und Social Media die Demokratie aushöhlen. Corinna Milborn twitterte jetzt einen Buch-Auszug, indem sie eindrucksvoll eine persönliche Geschichte erzählt:
Vor zwei Jahren bekam die Fernsehjournalistin eine Facebook-Nachricht von Thomas S.. Der beklagte sich, in Wien würden "Frauen auf der Straße vergewaltigt", aber darüber würden die Nachrichten kein Wort verlieren. Er mutmaßte, es gäbe eine Art Nachrichtensperre und wünschte Corinna Milborn, dass sie auf dem Heimweg "überfallen und von einer wild gewordenen Horde Afrikaner vergewaltigt" werde, damit sie mal merke, was los sei.
Corinna Milborn bat Thomas S. um ein Treffen, damit er ihr einmal "persönlich zeigt, wo er die angeblich von uns unterdrückte Falschmeldung her hatte." So schreibt Corinna auf Twitter.
Corinna deckt Falschmeldung auf
Bei diesem Besuch fand Corinna heraus, dass die Meldung aus einer lokalen Wiener Facebook-Gruppe kam. Das Gespräch mit Thomas S. fiel übrigens weitaus freundlicher aus, als man sich das vielleicht vorstellt. Der 45-jährige Familienvater aus Wien entschuldigte sich in aller Form bei ihr. Denn wie viele Menschen, die andere im Internet beschimpfen, rechnete er nicht damit, dass eine echte Person antwortet.
"Sie würden einer echten Person nie ins Gesicht sagen, was sie in die Tasten dreschen, wenn sie nachts allein und wütend vor dem Computer sitzen."
Ziemlich schnell konnte die Moderatorin Thomas S. beweisen, dass hinter dem Account, der die Nachrichten mit den Vergewaltigungen gepostet hatte, gar kein echter Mensch steckte. Der Post stammte von einem Fake-Account, der nur erstellt worden war, um rechte Hetze zu verbreiten. Die Vergewaltigung, die von den Nachrichten angeblich unterdrückt worden war, hatte gar nicht in Wien stattgefunden, sondern in Augsburg. Auch die meisten anderen von Thomas S. abonnierten Accounts boten ein sehr ähnliches Bild. All das war ihm aber gar nicht bewusst.
"Erst durch den Besuch der Moderatorin fiel dem Mann auf, wie tief er sich in den Hatespeech- und Fakenews-Sumpf hatte hineinziehen lassen."
Auf Rat von Corinna Milborn abonnierte Thomas S. daraufhin auch ein paar neutrale Accounts und Medien. Er begann auch, Meldungen in seinem Newsfeed zu überprüfen und stieß auf immer mehr Fälschungen und Verdrehungen. Einige Tage lang habe er versucht, in seinen Facebook-Gruppen und Freundeskreisen auf die Fehler hinzuweisen. "Ich wurde dann aber selbst Opfer von Angriffen, die nicht mehr lustig waren", erzählt Thomas S. im Buch von Corinna Milborn.
Die Fernsehjournalistin hat ihren früheren Hater dann noch gefragt, was passiert wäre, wenn sie nicht persönlich bei ihm aufgetaucht wäre. Seine Antwort: "Ich hätte Ihnen nicht geglaubt. Ich habe da dermaßen dringesteckt, dass es wie eine eigene Welt war."