Turnerinnen sind bekannt für ihre knapp geschnittenen Anzüge. Drei Sportlerinnen möchten mit einem Ganzkörperanzug ein Zeichen setzen, damit sich Mädchen und Jugendliche bei Wettkämpfen wohler in ihrem Körper und ihrem Sport fühlen.
Bei Wettbewerben ist Kunstturnerin Sarah Voss am Stufenbarren, Schwebebalken oder Reck unterwegs. Bislang war sie dabei in einem Turntrikot zu sehen, das an einen Badeanzug erinnert – wie eigentlich alle anderen Turnerinnen auch.
Bei der diesjährigen Turn-Europameisterschaft hat sich Sarah Voss aber gegen ihr übliches Outfit entschieden und einen Ganzkörperanzug getragen. Das hat für Aufsehen gesorgt: Zwar gibt es schon einige wenige Turnerinnen, die aus religiösen Gründen Ganzkörperanzüge tragen, der knappe Dress gilt aber noch immer als Standard.
"Ein Ganzkörperanzug, der komplett zusammengenäht ist, war bisher eine Premiere."
Sarah Voss und ihre Kolleginnen möchten das ändern, sagt sie. Es gehe darum, sich beim Turnen wohl zu fühlen, gerade in Bewegungen, in denen der Anzug schon mal verrutschen kann.
Sarah Voss ist sich bewusst, dass sie gerade für die jüngeren Sportlerinnen ein Vorbild ist. Ihnen will sie zeigen, dass man diesen Sport machen kann, ohne sich unwohl zu fühlen. Gerade, wenn bei jungen Mädchen die Periode einsetzt, berichtet sie, beginne dieses Unwohlsein, das wohl die meisten Frauen kennen. Außerdem verändere sich der Körper in der Pubertät – auch das sei ein Faktor, wobei der Ganzkörperanzug helfen solle, ohne angezogene Handbremse und schamhafte Gefühle zu turnen, so Sarah Voss.
Zumal die Mädchen schon in jungen Jahren auf der großen Bühne stehen, wo auch Fotos gemacht werden. Im Alter von 12 Jahren nehmen viele von ihnen an großen Wettbewerben teil und mit 16 Jahren auch an den Olympischen Spielen.
Vorbild sein im Ganzkörperanzug
Im Alltag trainiert Sarah Voss wie viele ihrer Kolleginnen häufig in langen Hosen. Ein Trikot, das in eine lange Hose gesteckt ist, ist in dem Regelwerk des internationalen Turnerbunds erlaubt. Ein Ganzkörperanzug mittlerweile auch. Trotzdem tragen die meisten Sportlerinnen weiter den kurzen Dress, erklärt sie. Zumeist, weil sie den gängigen Dresscode gar nichterfragt haben, so zumindest die Rückmeldung Vieler auf ihren Ganzkörperanzug.
"Unser Hauptschwerpunkt war es, dass sich Kinder und Jugendliche auch im Hochleistungssport wohlfühlen können, in Bewegungen, die nicht immer unbedingt vorteilhaft sind."
Sexualisierte Gewalt in den USA
Nicht zuletzt hat die deutsche Turn-Nationalmannschaft über Sexualisierung gesprochen, nachdem in den USA vor rund drei Jahren hunderte Fälle sexualisierter Gewalt und Missbrauch durch einen ehemaligen Mannschaftsarzt des US-Turnverbandes bekannt wurden.