Der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, beschäftigt sich ab heute mit dem Streit über die zurückgehaltenen Steuererklärungen von Präsident Donald Trump und seine Finanzunterlagen bei der Deutschen Bank. Wegen Corona werden die Anhörungen in Form von Telefonkonferenzen abgehalten.
Normalerweise wissen in den USA alle, die es interessiert, über die Finanzen der Politiker, die sie vielleicht wählen wollen, Bescheid. Es ist nämlich üblich, die Steuererklärungen zu veröffentlichen. Donald Trump will seine Steuern aber bis heute nicht offenlegen – und zieht deshalb bis vor den Obersten Gerichtshof. Es geht dabei gleich um mehrere Verfahren: Sowohl die Staatsanwaltschaft Manhattan als auch Ausschüsse im Repräsentantenhaus wollen Einblick in Trumps Finanzen bekommen.
Vermischung von öffentlichen und privaten Interessen?
Es geht um viel mehr als "nur" um die Steuererklärung Trumps und die Frage, ob und wie viel Steuern er bezahlt hat, sagt unser USA-Korrespondent Thilo Kößler.
"Es geht um mögliche Interessenkonflikte zwischen dem Präsidentenamt auf der einen Seite und wirtschaftlichen, finanziellen, familiären Interessen auf der anderen Seite."
Auch wenn die Geschäfte der Trump-Organisation derzeit von den Söhnen Donald jr. und Eric geführt werden: Die Demokraten und auch die Staatsanwälte vermuten, dass im Hause Trump eine unzulässige Vermischung von öffentlichen und privaten Interessen stattfindet. Thilo Kößler nennt einige Beispiele:
- wenn in Trumps Hotel in Washington Staatsgäste absteigen
- oder Unternehmenschefs samt Mitarbeitern, die Trump treffen und mit dem Staat Geschäfte machen wollen
- wenn hohe Geldbeträge aus der Staatskasse in die Miete von Zimmern in Mar-a-Lago fließen, Trumps Privatresidenz in Florida
Trump möchte sich "Dinge herausnehmen, die sich kein US-Präsident vor ihm herausgenommen hat", sagt Thilo Kößler.
"Dinge, die sich noch kein US-Präsident herausgenommen hat"
Es gehe um die Interpretation der Machtfülle, die einem Präsidenten der Vereinigten Staaten zusteht – ob er also quasi über Recht und Gesetz steht, über den Prinzipien der Gewaltenteilung, so Thilo Kößler.
"Es geht um die Grundsatzfrage: Steht der US-Präsident über Recht und Gesetz? Ist er quasi unantastbar? Deshalb kann dieses Verfahren gar nicht als bedeutend genug eingeschätzt werden."
In dem Prozess gehe es aber nicht nur um die Immunität des Präsidenten, erklärt Thilo Kößler. Entscheidend sei, ob auch seine Geschäftspartner darauf verpflichtet werden können, persönliche Angaben, Informationen und Unterlagen herauszugeben. Die Deutsche Bank spiele hier eine Schlüsselrolle.
Die Rolle der Deutschen Bank
Die Deutsche Bank ist die Hausbank Donald Trumps und sein wichtigster Gläubiger. Sie ist zwischen die politischen Fronten in diesem Konflikt geraten. Die Deutsche Bank habe der Trump Organization noch Geld geliehen, als amerikanische Banken diese schon längst abgeschrieben hatten, weil sie als nicht mehr kreditwürdig galt, berichtet Thilo Kößler. Konkret gehe es um Kredite von 350 Millionen Dollar. Und um den Verdacht, dass auch russische Geldgeber in den Deal verwickelt waren.
"Demokraten und Staatsanwaltschaft wollen wissen, wie die 350-Millionen-Kredite zustande kamen. Möglicherweise haben russische Geldgeber gebürgt, so der Verdacht."
Der Prozess soll zeigen, ob es Sonderkonditionen der Deutschen Bank für Trump gab und gibt. Dass die Deutsche Bank über Detailinformationen zu den Finanz- und Steuerverhältnissen Donald Trumps verfügt, steht außer Frage. Die Staatsanwaltschaft in New York habe schon Informationen bekommen, berichtet Thilo Kößler. Die Deutsche Bank wurde aber gestoppt, als Donald Trump Berufung eingelegt hat.
Die Deutsche Bank hat inzwischen mehrfach beteuert, sie werde mit den Behörden kooperieren, wenn der Supreme Court das so wolle. Das Geschäftsverhältnis mit Trump ist für die Deutsche Bank zu einer schweren Belastung geworden, so der Eindruck unseres Korrespondenten. Die Hausbank Donald Trumps zu sein, sei inzwischen mit einem Prestigeverlust in der Öffentlichkeit verbunden.
Konservative Richter in der Mehrheit
Am Supreme Court halten mittlerweile die konservativen Richter die Mehrheit: Seit Donald Trump Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh auf Lebenszeit bestellt hat, steht es fünf zu vier. Beide seien Trump-Loyalisten und Vertreter umfassender präsidialer Vollmachten, sagt Thilo Kößler.
Bei den letzten wichtigen Abstimmungen habe allerdings John Roberts, seit 2005 der Chief Justice of the United States, stets mit den Liberalen gestimmt. Roberts gehöre zwar ebenfalls zum konservativen Lager, sei aber "die gefühlte Mitte dieses Gerichts", so unser Korrespondent.