Der vom Verfassungsschutz als "gezielt rechtsextremistisch" eingestufte sogenannte "Flügel" innerhalb der AfD löst sich bis zum 30. April auf. Offiziell. Aber "der Geist des Flügels wird natürlich in der Partei bleiben", so Björn Höcke.
"Der Flügel ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Eine Erfolgsgeschichte, die zwar jetzt formal abgeschlossen wird, die aber in gewisser Weise weitergeschrieben wird, weil der Geist des Flügels natürlich in der Partei bleiben wird." Das sagt Björn Höcke. Der thüringische AfD-Chef und Kopf des rechtsextremistischen Flügels der Partei hat bei Facebook ein Abschiedsvideo gepostet.
Bis zum heutigen Donnerstag (30.04.2020) musste sich die Gruppierung – zumindest offiziell – auflösen, so hat es der AfD-Bundesvorstand beschlossen. Vom Verfassungsschutz war der Flügel als "gezielt rechtsextremistisch" eingestuft worden und wird beobachtet. Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang hat die AfD-Politiker Björn Höcke und Andreas Kalbitz als Rechtsextremisten bezeichnet. Insgesamt soll der Flügel laut Verfassungsschutz ungefähr 7000 Anhänger haben.
Nur die Bezeichnung "Flügel" ist Geschichte
Dass der Flügel jetzt Geschichte ist, glaubt Henry Bernhard, Korrespondent in Thüringen, nicht. Lediglich die Bezeichnung werde man nun nicht mehr hören. Doch auch wenn Facebook-Account und Internetseite abgeschaltet werden bzw. schon offline sind: Die Ideen werden weiter existieren, da seien sich Verfassungsschutz, AfD-Bundesvorstand und der Flügel selbst quasi einig.
In seinem Video sagt Höcke, auch die Gedanken der Erfurter Resolution würden ein wichtiger Kompass für das sichere Navigieren der AfD bleiben. Die Resolution war eine Art Gründungsdokument des Flügels, der sich selbst als Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Identität Deutschlands bezeichnet.
Flügel-Leute planen keine "Ost-AfD"
Der Flügel dominiert vor allem die AfD in den ostdeutschen Bundesländern, sagt Henry Bernhard. Und er werde dies voraussichtlich auch weiterhin tun. Eine Abspaltung dieser Strömung von der Bundes-AfD streben die führenden Köpfe des Flügels nicht an. Das sei "hanebüchener Blödsinn und im höchsten Grade unpolitisch", sagte zumindest Andreas Kalbitz, der Brandenburger Landes- und Fraktionschef der AfD, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Ich finde es fast ein wenig beleidigend, wenn uns jemand so eine kleingeistige strategische Fehlleistung unterstellt." Und weiter: "Auch uns geht es um politischen Einfluss auf Bundesebene. Und die Zahl der Wähler ist im Westen nun einfach größer."
Höcke und Kalbitz bleiben im Amt
Björn Höcke und Andreas Kalbitz beiben in Thüringen und Brandenburg weiterhin in ihren Ämtern. Innerhalb der AfD-Landesverbände seien sie auch nicht umstritten, sagt Henry Bernhard.
"Höcke und Kalbitz sind in Thüringen bzw. Brandenburg in der Partei nicht umstritten, sie wackeln da nicht."
Im Bundesvorstand jedoch muss Andreas Kalbitz seine Verstrickungen in rechtsextreme Organisationen offenlegen, zum Beispiel zur Gruppe "Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ)". Ihm könnte von dort also Gefahr drohen, meint unser Korrespondent.
Allerdings habe es in der AfD so gut wie noch nie personelle Konsequenzen gegen den rechten Rand gegeben. Der AfD-Bundesvorstand spiele ein Spiel, sagt Henry Bernhard: Einerseits wolle man zwar der Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen – deshalb auch die Anordnung der Auflösung des Flügels. Weitere deutliche Schritte gebe es aber nicht.
Verfassungsschutz beobachtet weiter
Die Auflösung des Flügels bedeutet aber nicht, dass der Verfassungsschutz die Gruppierung nun aus den Augen verliert. Ganz und gar nicht. Es gehe um Personenzusammenschlüsse, die "durch eine gemeinsame Weltanschauung und durch öffentliche Propaganda und Auftritte" zusammenhalten, so Stephan Kramer, Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes. Und genau das sei für den Flügel nach wie vor der Fall.
"Für uns hat sich durch die Auflösung des Flügels überhaupt nichts verändert."