In zehn Bundesländern besteht eine Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten. Sie müssen im Dienst Nummern oder Namensschilder tragen. Zum Beispiel in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Dagegen haben zwei Polizisten geklagt.
Die Klage ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht, das am 26. September 2019 darüber verhandelt. Unterstützt werden sie dabei von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Brandenburg.
Alexander Poitz, Vorsitzender des Landesverbands Brandenburg der GdP, bringt folgendes Argument gegen die Kennzeichnungspflicht:
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizei sei traditionell hoch. Es gäbe also keinen Grund für eine Kennzeichnung der Polizei. Das wäre ein Vorstoß seitens der Politik, um Kontrolle ausüben zu können. Aus Sicht von Alexander Poitz sind Politiker aber genau die, denen die Bevölkerung wenig vertrauen.
"Die, also die Politik, denen man am wenigsten vertraut innerhalb der Bevölkerung, misstrauen denen, nämlich der Polizei, denen man am meisten vertraut."
Das Gegenargument: Wenn das Vertrauen in die Polizei so hoch ist, dann sollte eine Kennzeichnungspflicht eigentlich nicht zu Problemen führen.
Alexander Poitz erwidert: Polizistinnen und Polizisten könnten Gefahr laufen, jederzeit mit Namen kenntlich in sozialen Medien aufzutauchen. Wenn da Namen erkennbar seien, fürchtet Alexander Poitz, könnte das auch Auswirkungen auf das Privatleben der Polizistinnen und Polizisten sowie deren Familien haben. Denn es seien leicht Zusatzinformationen über die sozialen Netzwerke recherchierbar.
"Der Klarname ist heute leicht recherchierbar. Wir befinden uns in der Zeit der sozialen Medien, wo jeder auch auf Facebook und Instagram und Twitter unterwegs ist und da auch mit Klarnamen erscheint. Und eine Recherche fällt da recht einfach."
Bei seiner Argumentation beruft sich Alexander Poitz auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das auch Menschen zustehen würde, die bei der Polizei arbeiten. Die allermeisten würden sich im Dienst an die entsprechenden Bestimmungen halten. Es gäbe nur 2000 Beschwerden im Jahr, das beträfe nicht mal ein Prozent der Polizeibelegschaft. Er stellt die Frage, ob es verhältnismäßig ist, dass deshalb ein ganzer Berufszweig stigmatisiert und zur Kennzeichnung verpflichtet werde.
Außerdem seien Beamte auch dann nachträglich identifizierbar, wenn sie keine Kennzeichnung tragen würden - was zeigt, dass diese nicht nötig ist.
"Vielerorts sind keine Fälle bekannt, wo ein Polizist nicht identifiziert werden konnte."
Studie der Uni Bochum problematisiert Nicht-Identifizierbarkeit
Eine aktuelle Studie der Ruhruniversität Bochum legt allerdings Nahe, dass die Dunkelziffer in Fällen von Polizeigewalt sehr hoch ist. Für die Studie haben Kriminologen mit Betroffenen gesprochen. Auch die Gründe für die Dunkelziffer wurden erforscht.
Dazu gehört erstens, dass viele Betroffene sich von einer Anzeige nichts versprechen, weil der Korpsgeist bei der Polizei das verhindern würde. Zweitens werden viele Anzeigen nicht gestellt, weil die handelnden Beamten nicht identifiziert werden können.
Das gilt auch für Anzeigen, die nach Demonstrationen oder Fußballspielen gestellt werden. Auch dort werden viele Verfahren von der Staatsanwaltschaft wegen Nichtidentifizierbarkeit wieder eingestellt.
"Wir sehen zum Beispiel, dass die Nichtidentifizierbarkeit der handelnden Beamten ein großes Problem ist. Es gibt eine Menge Leute, die aus diesem Grund schon von der Anzeigeerstattung absehen."
Zum Zeitpunkt des Gesprächs am 26. September 2019 stand das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts noch aus.