Wenn Mimke reist, nimmt sie nicht den Zug oder den Flieger, sondern sie trampt lieber. Allein 2019 ist sie 16.000 Kilometer bei anderen Leuten im Auto mitgefahren. Was für andere Menschen unvernünftig ist, ist für Mimke vor allem eins: eine Horizonterweiterung.
Bei einer fremden Person ins Auto steigen? Dass man das nicht machen soll, lernen wir schon als Kind, denn das gilt als gefährlich und unvernünftig. Mimke Teichgräber macht es trotzdem. Es ist sogar ihre einzige Fortbewegungsart für längere Strecken, wie Mimke selbst sagt.
Trampen hat einen gefährlichen Ruf, aber Mimke ist das egal
Meldungen, dass Frauen beim Trampen vergewaltigt oder ermordet werden, machen Mimke keine Angst. "Tatsächlich ist trampen nicht so riskant, wie es immer gesehen wird", meint die 25-Jährige. Dieser Eindruck sei entstanden, als in den 80er Jahren viel getrampt wurde und da vermehrt Tramperinnen getötet oder Fahrerinnen angegriffen wurden.
Über diese Fälle habe es viel Berichterstattung gegeben. "Es gab aber natürlich nicht jedes Mal eine Meldung, wenn ein Tramper heil angekommen ist und eine gute Fahrt hatte", sagt Mimke. "Alles Negative wurde in den Fokus gerückt."
"An sich ist das Gefährlichste am Trampen definitiv das Autofahren."
Den Vorwurf, dass diese Reiseform besonders als Frau unvernünftig sei, bekommt die 25-Jährige regelmäßig zu hören. Mimkes Antwort ist, dass es viele Orte gibt, die für Frauen gefährlicher sind. "Was aber für mich nicht heißt, dann auf alles zu verzichten."
Wenn Mimke das Trampen sein ließe, müsste sie auch konsequenterweise auf andere Dinge verzichten: "Es gibt Fälle, wo Frauen feiern gegangen sind und das nicht überlebt haben, Frauen, die Beziehungen geführt haben und das nicht überlebt haben. Es gibt einfach sehr viele Räume, die für Frauen unsicherer sind als für Männer."
"Für mich ist Trampen das Nehmen eines Raumes, in dem ich als Frau eigentlich nicht vorgesehen bin."
Mimke fährt aber auch nicht bei allen mit, sondern vertraut ihrem Bauchgefühl. Ihrer Erfahrung nach überwiegen die positiven Begegnungen, was das Trampen für die 25-Jährige besonders macht. Trampen ist für Mimke eine Möglichkeit, Leute "fern aus der Bubble, in der ich mich sonst bewege," kennenzulernen. So hört sie viele unterschiedliche Lebensgeschichten, erfährt von besonderen Berufen und führt mitunter rührende Gespräche.
"Für mich bedeutet Trampen vor allem nicht, jemandem ausgeliefert zu sein, sondern jemandem zu begegnen."
Ein Erlebnis, dass Mimke besonders in Erinnerung geblieben ist, ist eine Fahrt mit einem 74-jährigen Mann aus den Niederlanden. Auf dem Weg von Basel zurück nach Köln ist Mimke bei ihm fünf Stunden mitgefahren und saß auch selbst am Steuer. "Wir waren dann eine richtige Reisegemeinschaft", beschreibt Mimke begeistert.
Während der Fahrt hätten sie sich auch lange über Trampen, das Leben und politische Einstellungen ausgetauscht. "Das war unfassbar spannend, und diesen Menschen hätte ich sonst nicht kennengelernt", erinnert sich Mimke. "Ich habe mich sehr wohl und sicher gefühlt."
Die meisten Tramping-Erlebnisse sind für Mimke inspirierend
Mimke ist sogar während der Corona-Pandemie getrampt – aber nur im Sommer, als die Infektionszahlen niedrig waren. Dabei hatte sie ein eigenes kleines Hygienekonzept entwickelt und immer den Kontakt mit Fahrenden ausgetauscht, um sie eventuell später zurückzuverfolgen.
Die Bereitschaft der Menschen, sie mitzunehmen, hat trotz der Pandemie nicht nachgelassen, schätzt Mimke ein. Sie glaubt sogar, dass trampen für sie in dem Fall sicherer war, als mit vielen unbekannten Leuten im Zug zu sitzen.
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