Mahsa Amini will ihre Familie in Teheran besuchen und die Sehenswürdigkeiten der iranischen Hauptstadt erkunden. Stattdessen wird sie von der Sittenpolizei festgenommen, weil ihr Kopftuch nicht richtig sitzt. Kurze Zeit später stirbt die 22-Jährige im Krankenhaus. Ihr Tod sorgt für große Solidarität – und Proteste.
Im Iran ist seit der Islamischen Revolution 1979 für Frauen und Mädchen das Tragen eines Kopftuchs verpflichtend. Wer sich ohne Hijab öffentlich zeigt, muss mit hohen Strafen rechnen. Für die Kontrolle ist die sogenannte Sitten- und Religionspolizei zuständig. Am Tod der jungen Frau haben sich jetzt große Proteste gegen den Kopftuchzwang entzündet.
Genaue Todesursache noch ungeklärt
Noch ist nicht klar, wie Mahsa Amini zu Tode gekommen ist. Bis zu ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei decken sich die Berichte der Familie Aminis und der Polizei. Danach gehen die Schilderungen drastisch auseinander, berichtet Karin Senz, ARD-Korrespondentin für den Iran.
Die Familie sagt aus, dass Mahsa Amini bereits im Polizeibus mit dem Kopf gegen die Scheibe geschlagen wurde. Dabei soll sie einen Schädelbruch und mehrere Blutungen erlitten haben. Computertomografien, die Hacker aus dem Krankenhaus sichern konnten, sollen das belegen. Doch ob es sich dabei tatsächlich um Aufnahmen von Mahsa Amini handelt, ist bis zu diesem Zeitpunkt (Stand: 20.09.2022) nicht verifizierbar. Mahsa Amini fiel schließlich ins Koma und starb kurze Zeit später.
"Das Innenministerium und die Polizei beteuern, dass sie Mahsa Amini nicht angefasst hätten und ihnen keine Mittel zur Gewaltanwendung zur Verfügung stehen würden."
Ganz anders stellen es Innenministerium und die Polizei dar. Demnach soll Mahsa Amini lediglich über das korrekte Tragen des Kopftuches belehrt worden sein. Die junge Frau habe bereits zuvor Herzprobleme gehabt, denen sie erlegen sei, heißt es.
Tod Mahsa Aminis löst Proteste aus
Der Fall treibt viele Iraner*innen auf die Straße, um gegen den Kopftuchzwang zu protestieren. Korrespondentin Karin Senz ist von der Entschiedenheit der vielen jungen Menschen überrascht: Bei ihren Besuchen in den vergangenen Monaten im Land, hat sie bei ihnen vor allem Resignation angesichts der ökonomischen Unsicherheit und der im Iran herrschenden Unfreiheit beobachtet.
"Was ich bei den jungen Menschen spüren konnte, war eine tiefsitzende Depression und Kraftlosigkeit. Doch dieser Fall treibt sie wieder auf die Straße."
Der Tod der jungen Frau entfessele aber ihre Wut. Nicht nur über den Kopftuchzwang, sondern auch darüber, dass sich trotz reicher Bodenschätze im Land kein Wohlstand einstellt, so Karin Senz. Die Wut über ein Regime, das ihnen viele Freiheiten nimmt und das sich nicht um eine objektive Aufklärung des Falls Mahsa Amini bemühen wird – so schätzt unsere Korrespondentin die Befürchtungen vieler Iraner*innen ein.
"Frauen schneiden sich aus Solidarität die Haare ab oder verbrennen öffentlich ihr Kopftuch."
Nicht alle Protestierenden seien politisch. Manche seien einfach von dem Wunsch nach einem Leben getrieben, wie sie es in den Sozialen Medien vorgelebt bekommen. Insgesamt sei die politische Solidarität aber groß: Im Iran und im Ausland schneiden sich Frauen ihre Haare ab oder verbrennen öffentlich ihr Kopftuch – trotz der Folgen mit denen sie dadurch zu rechnen haben.
Die Regierung versucht die Proteste so weit es geht, zu ersticken, berichtet unsere Korrespondentin. Universitäten haben beispielsweise auf Online-Unterricht umgestellt, um größere Ansammlungen zu unterbinden. Dennoch halten die Proteste und Solidaritätsbekundungen seit mehreren Tagen an.