André Hölscher aus Ladbergen hat in diesem Jahr geschafft, Jäger von seinen Wiesen und Feldern zu verbannen. Nail Al Saidi hat mit ihm über seine Gewissensentscheidung gesprochen.
André Hölscher lebt auf dem platten Land zwischen Münster und Osnabrück. Ladbergen heißt der 6000-Seelen-Ort. Sein Grundstück liegt inmitten eines großen Jagdreviers. Er ist hier aufgewachsen. Sein Elternhaus steht rechts von der Landstraße. Schräg gegenüber liegt sein eigener Hof, vor acht Jahren hat er ihn gekauft. Zusammengerechnet besitzt er jetzt Grundstücke, die ungefähr so groß sind wie 14 Fußballfelder.
"Jagdrevier ist alles was Sie hier sehen: jede kleine Wiese, jeder kleine Baum, mit Ausnahme meiner Fläche."
André Hölscher ist Kabarettist und nutzt den Platz auf seinem Hof, um Autos aus den 80er Jahren zu sammeln. Er sagt: "Also was ich auf der Bühne mache und was ich privat mache, sind zwei komplett unterschiedliche Dinge. Ich habe auch mal Jagd thematisiert, aber es ist nicht Aufgabe eines Kabarettisten, hundertprozentig die eigene Meinung der Privatperson widerzuspiegeln."
Rehe und Kaninchen kreuzen sein Grundstück, auch viele Vögel: Kiebitze, Fasane, Eulen. Für die Jäger war es ein sehr beliebtes Stück. Die haben vom benachbarten Feld aus die Tiere durch die Wallhecke gejagt – auf seine Wiese – um sie dort direkt zu erlegen.
Jagdgenosse per Gesetz
2006 hat er seinen Hof gekauft und wurde damit gleichzeitig Mitglied in einer Jagdgenossenschaft – so wie jeder andere Eigentümer auf dem Land, der weniger als 75 Hektar besitzt. Das bestimmt das deutsche Jagdgesetz. Und damit soll sichergestellt werden, dass es zusammenhängende Jagdreviere gibt, die von der Größe ungefähr dem Lebensraum der wilden Tiere entsprechen. Weil Andre Hölscher nur 10 Hektar besitzt, musste er der Jagdgenossenschaft beitreten.
"Da werden Füchse gejagt, weil sie eventuell irgendein Tier umbringen können, aber die Beutetiere der Füchse werden auch gejagt. Das heißt, da stimmt irgendwas nicht."
Jagd und Menschenrechte
André Hölscher hat im Laufe seines Lebens viele schlechte Erfahrungen mit Jägern gemacht. Für ihn war klar, dass er nicht Mitglied der Jagdgenossenschaft sein möchte, aber das Gesetz lässt ihm keinen Spielraum. Doch 2012 wendet sich das Blatt für Jagdgegner wie Andre Hölscher. Ein Tierschützer aus Baden-Württemberg hat geklagt, dass es nicht mit den Menschenrechten vereinbar sei, wenn man Jäger auf seinem Grundstück dulden muss. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gibt ihm recht - und Andre Hölscher wittert seine große Chance.
"Letzten Endes sollte jeder Jäger mir dankbar sein, aus dem einfachen Grund: Denn auf meinem Grundstück werden die Tiere groß."
Wir erzählen Eure Geschichten
Habt ihr etwas erlebt, was unbedingt erzählt werden sollte? Dann schreibt uns! Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte sowie ein unvorhergesehenes Ende haben. Im besten Fall lernen wir dadurch etwas über uns und die Welt, in der wir leben.
Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de