Erst hatte er sich geweigert zurückzutreten, 24 Stunden später sieht das schon wieder ganz anders aus: Thomas Kemmerich von der FDP will als Ministerpräsident von Thüringen wieder abtreten. Warum er 24 Stunden für diese Erkenntnis brauchte – diese Frage bleibt erst einmal unbeantwortet.
Die AfD habe versucht, mit einem "perfiden Trick" die Demokratie zu beschädigen, hat Thomas Kemmerich in einer Pressekonferenz erklärt. Eine Zusammenarbeit mit der Partei habe es nicht gegeben, gebe es nicht und werde es auch nicht geben.
Für den Dlf-Korrespondenten für Thüringen, Henry Bernhard, ist klar: Eine entscheidende Rolle bei diesem Sinneswandel hat FDP-Chef Christian Lindner gespielt.
Noch am Donnerstagmorgen habe Thomas Kemmerich versucht, Mitglieder diverser Parteien für eine Regierungsbildung zu gewinnen. Fest steht: Christian Lindner führte ein sehr langes Gespräch mit dem Ministerpräsidenten und der thüringischen Landtagsfraktion. Wie viel Überzeugungsarbeit Lindner leisten musste, dazu wollte er sich nicht äußern. Henry Bernhard sagt aber auch: Aus Christian Lindners Äußerung werde deutlich, dass es einiger Anstrengung bedurft habe.
Christian Linder will Vertrauensfrage stellen
Am Freitag will Christian Linder im Parteivorstand die Vertrauensfrage stellen – wohl auch, um sich selbst wieder zu legitimieren. Eine Antwort auf die Frage aller Fragen bleibt aber auch Christian Lindner bislang schuldig: Warum braucht eine Partei, die sich selbst im scharfen Gegensatz zur AfD begreift, 24 Stunden, um zu merken, dass es ein Fehler war, sich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen wählen zu lassen.
Bodo Ramelow steht als Kandidat weiterhin zur Verfügung
Wie es jetzt weitergeht ist noch unklar: Der frühere Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei steht nach eigener Aussage für das Amt des Ministerpräsidenten zur Verfügung. Das funktioniert aber nur, wenn Michael Kemmerich die Vertrauensfrage stellt und sich das Parlament nicht auflöst.
Die FDP strebt dagegen Neuwahlen an – dafür brauchen sie aber eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, sagt Henry Bernhard. Ein schwieriges Unterfangen, weil sich bislang sowohl Grüne als auch CDU gegen Neuwahlen aussprechen. Sie fürchten, in diesem Fall Stimmen zu verlieren, so Henry Bernhard.