Auch einige Tage nach der Thüringen-Wahl ist unklar, wie die neue Regierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow aussehen könnte. Die für viele naheliegende Option einer Zusammenarbeit von Linkspartei und CDU lehnt die CDU ab. Tagesspiegel-Politikredakteur Matthias Meisner hält dagegen und plädiert für eine "pragmatische Lösung".
Wer wird Thüringen regieren und mit wem? Diese Frage ist nach der Wahl am vergangenen Sonntag immer noch offen. Klarer sind da die Positionen vonseiten der CDU. Die Christdemokraten wären rein rechnerisch ein möglicher Koalitionspartner der Linken. Möglich wäre auch, dass sie sich für eine Tolerierung einer Minderheitsregierung aussprechen. Die CDU lehnt eine solche Zusammenarbeit mit der Linken aber strikt ab.
CDU-Spitzen lehnen Zusammenarbeit mit Linken ab
CDU-Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte im Deutschlandfunk sehr deutlich: "Das wäre das Ende der Volkspartei CDU."
"Ich möchte keine Tolerierung, ich möchte keine Verträge, ich möchte keine Koalition!"
Ähnlich sieht es der Chef der Jungen Union, Tilmann Kuban, der auf den Bundesparteitagsbeschluss der CDU verweist. Der besagt: Die CDU lehnt eine Koalition mit Linkspartei oder auch AfD ab. "Wir dürfen nicht beliebig werden, sondern uns muss klar sein: Mit diesen extremistischen Parteien, mit diesen populistischen Parteien von rechts und links, wird es mit uns keine Koalition und keine Zusammenarbeit geben", so Tilmann Kuban
"Ich finde es abenteuerlich und empörend, dass die CDU die rechtsradikale AfD – und die ist ja in Thüringen besonders rechtsradikal – mit der fast sozialdemokratisierten Ramelow-Linken ständig in einen Topf wirft."
Tagesspiegel-Politikredakteur Matthias Meisner findet diese Position der CDU falsch. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Linken. Die Linkspartei in Thüringen ist aus seiner Sicht zum einen eine andere Linke als in anderen Bundesländern.
Begriff "SED-Nachfolgepartei" sei veraltet
Und – das betont er – sie sei vor allem eine andere Linke als die nach der Wende. Die häufig verwendete Formulierung einer "SED-Nachfolgepartei" ist aus seiner Sicht 30 Jahre nach dem Mauerfall nicht mehr zutreffend.
"Die SED hatte 1989 2,3 Millionen Mitglieder – die Linke hat heute 62.000, wovon nur ein kleiner Bruchteil in der SED war."
Zwar gebe es in der Linkspartei Mitglieder, die vom Verfassungsschutz beobachtet würden – als Beispiele nennt er das Marxistische Forum oder die Gruppe Cuba Si. Das seien aber kleine Splitttergruppen innerhalb der Linkspartei, die nicht den politischen Kurs bestimmten.
CDU und Linkspartei sollten aufeinander zugehen
Für den Journalisten geht es in Thüringen zunächst einmal darum, eine pragmatische Lösung zu finden und Neuwahlen zu vermeiden. Dazu bräuchte es ein Aufeinander-Zugehen. Matthias Meiser plädiert für eine Zusammenarbeit von CDU und Linkspartei. Darum sei es gut, dass der thüringische CDU-Chef Mike Mohring zumindest mit dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow reden möchte.
"Es ist auch wichtig, darauf zu hören, was die CDU-Anhänger sagen. Zwei Drittel davon halten es für überholt, eine Koalition auszuschließen."
Die Linke habe im Osten in zahlreichen Regierungsbeteiligungen bewiesen, dass sie sehr pragmatisch Politik machen und sich an Regierungen beteiligen kann, sagt Matthias Meisner - unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen-Anhalt oder in Brandenburg. Und: Auch innerhalb der CDU hielten es viele für veraltet, eine Koalition mit der Linken kategorisch auszuschließen.