Rund 40 Prozent der Lehrer in Thüringen haben schon rechtsextreme Gewalt im Schulalltag erlebt, so eine Umfrage. Sozialkundelehrer Mark Kleuer nimmt rassistische Parolen nicht einfach hin. Er redet mit den Schülern darüber.

Am 01.09.24 wird in Thüringen gewählt. Laut aktuellen Umfragen liegt die AfD bei 30 Prozent (Stand 20.08.2024). Die Partei möchte junge Menschen zum Beispiel über Tiktok erreichen. Damit schafft sie es, ihre Themen auch in den Schulen zu platzieren. Das macht sich auch auf dem Schulhof bemerkbar.

Rechte Parolen auf dem Schulhof Normalität

"Rechtsextreme Parolen und 'Ausländer raus' sind das Übliche. Das hört man immer wieder", sagt Mark Kleuer, Sozialkundelehrer an einer Gemeinschaftsschule in Erfurt. Es komme auch vor, dass Eltern Kleidung tragen, die den Zweiten Weltkrieg verherrlicht und teilweise auch verboten ist. Mark Kleuer musste Elternteile deswegen schon bitten, das Schulgeländes zu verlassen.

"'Ausländer zurück in ihr Land', 'Ausländer raus' oder 'Scheiß Kanacken', was übrigens auch von einem Schüler kommt, der selbst Kurde ist. Vielen ist gar nicht bewusst, was das überhaupt bedeutet."
Mark Kleuer, Sozialkundelehrer im thüringischen Erfurt

Rechtes Gedankengut ist bei den Schülerinnen und Schülern angekommen – und zwar in der Sprache. Dazu gehören Parolen wie "Ausländer zurück in ihr Land", "Ausländer raus" oder "Ausländer sollen in ihrem Land sterben", so der Lehrer. Dass sogar ein kurdischer Schüler "Scheiß Kanacken" ruft, zeige außerdem, dass vielen nicht bewusst sei, was sie da genau sagen, meint Mark Kleuer.

Die Grenzen des Sagbaren verschoben

Laut einer Umfrage des Thüringer Lehrerverbands haben 40 Prozent der Lehrkräfte schon einmal rechtsextremistisch motivierte Gewalt im Schulalltag erlebt. Marc Kleuer möchte gegensteuern. Er fängt bei der Sprache an und versucht immer wieder, auf dem Schulhof und im Unterricht die Schülerinnen und Schüler zur Rede zu stellen.

"Ich mache den Schülern bewusst, dass solche Aussagen nicht gehen und dass wir ein Recht auf Asyl haben."
Mark Kleuer, Sozialkundelehrer im thüringischen Erfurt

Verteidigung der Demokratie im Klassenzimmer

Unter den Schülerinnen und Schülern gilt Marc Kleuer als links. Er hat sogar schon einmal einen Einschüchterungsversuch durch Eltern erlebt. Ein Vater habe ihm vorgeworfen, sein Kind zu indoktrinieren. Auch die AfD in Thüringen sagt in diesem Zusammenhang immer wieder, dass Lehrkräfte sich an das Neutralitätsgebot halten sollten. Der Lehrer lässt sich davon wenig beeindrucken. Er habe auf das Grundgesetz geschworen und verstehe sein Eingreifen als Verteidigung der Demokratie.

"Es gibt auch andere Sachen, die ich immer wieder bemerke, zum Beispiel, dass sich Leute mit dem rechten Arm nach oben begrüßen."
Schülersprecher an einer Thüringer Schule

Ein Schülersprecher berichtet, wie sich Jugendliche mit dem Hitlergruß begrüßen. Ihm fehle jedoch der Mut, dazwischenzugehen. Das geht auch vielen Lehrkräften nicht viel anders, weil sie auf solche Situation nicht gut vorbereitet sind, sagt Mark Kleuer. Sie wüssten oft nicht, wie sie argumentieren sollen und seien nicht bereit, immer wieder diese Kämpfe anzugehen. Mark Kleuer kann das sogar nachvollziehen.

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Die Schulleitung unterstützt die Lehrkräfte dabei, sich rechten Parolen entgegenzustellen. Im Kollegium werden solche Vorfälle offen angesprochen. Spürbare Konsequenzen gibt es aber nur selten, weil Schüler rechte Zeichen oder Parolen meistens nur andeuten, um zum Beispiel einem Hausverbot zu entgehen.

Eine Anlaufstelle für Lehrkräfte, die solche Situationen erleben ist zum Beispiel das Bildungsministerium. In Thüringen werden dort Netzwerktreffen oder Fortbildungen zum Thema angeboten.

Shownotes
Thüringen und Extremismus
Ein Lehrer stellt sich gegen rechte Parolen
vom 20. August 2024
Autor: 
Benedikt Kaninski