Zwei Mal in wenigen Tagen waren die Spieler der Nationalmannschaft mit der Bedrohung durch Terroristen konfrontiert. Welche Auswirkungen das für die Bundesliga hat und wie die Spieler mit der Angst umgehen, erklärt Sportpsychologe Martin Meichelbeck.
"Besorgt, aber nicht paralysiert", ist die DFB-Mannschaft, sagte Hans-Dieter Herrmann, der Sportpsychologe des Teams. In den letzten Tagen hatten die Spieler einiges mitgemacht: In Paris mussten sie während der Anschlagsserie in der Nacht gemeinsam ausharren. Am Dienstag wurde dann das Länderspiel in Hannover aufgrund der konkreten Gefährdungslage abgesagt.
Eigentlich sollte das Spiel in Hannover ein Zeichen für Solidarität und Normalität sein. Jetzt gibt es einiges aufzuarbeiten - selbst wenn der normale Spielalltag in der Bundesliga wieder beginnt. Damit das mulmige Gefühl auf dem Platz nicht bleibt, ist es wichtig, die Spieler bei der Verarbeitung zu unterstützen, sagt Martin Meichelbeck. Er ist Sportpsychologe und Sportdirektor beim Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth.
"Es wird Spieler geben, die mit einem mulmigen Gefühl auf den Platz gehen. Da muss man den Spielern viel Raum geben, mit ihnen und den Trainern reden, wer leistungsfähig ist. Jemanden gegen seinen Willen spielen zu lassen, könnte negative Folgen haben."
Teamgeist hilft
Wichtig ist, sagt Martin Meichelbeck, keinen Zwang auf die Spieler auszuüben. Stattdessen: Miteinander reden, sich unterstützen. Und den Spielern viel Raum geben. Dabei hilft auch der Teamgeist. Gruppenpsychologisch sollten die Trainer dies im Team gut ausbalancieren, ergänzt der Sportpsychologe. Zum einen dürfe Angst nicht anstecken, zum anderen sollten sich einzelne Spieler nicht ausgestoßen fühlen, wenn sie sich mehr sorgen als andere. Die entscheidende Unterstützung bleibt die Versicherung: Ihr müsst dem nicht alleine begegnen. Im Fall der Nationalmannschaft kommt noch ein anderer Faktor hinzu: "Eine Vorbildfunktion kann die eigenen Ängste relativieren."
In der Nationalmannschaft gibt es Psychologen, die Spieler in solchen schwierigen Situationen unterstützen. In der Bundesliga ist das aber längst nicht bei allen Vereinen so. Im Profibereich arbeiten in der ersten und zweiten Liga etwa ein Fünftel der Vereine mit Psychologen - im Jugendbereich sind es wesentlich mehr, sagt Martin Meichelbeck.
"Das ist eine riesige Verantwortung für Liga und Sicherheitsgremien, weil wir das echte Ausmaß der Bedrohung im täglichen Ligaalltag noch gar nicht einschätzen können!"
Auf die Vereine und die Spieler könnte eine neue Situation zukommen. Auch, weil sich nicht einschätzen lässt, wie sich die Angsterfahrungen auswirken. DFB-Teampsychologe Hans-Dieter Herrmann: "Menschen verarbeiten Stress- und Bedrohungssituationen sehr unterschiedlich." Denkbar sei durchaus, dass Sorgen und Ängste bei einigen erst mit etwas Abstand zu Tage treten. Ein Schritt, der entscheidend ist für die Verarbeitung: Bald wieder zu spielen.