Die Beziehung zwischen Taiwan und China ist kompliziert. Grund dafür ist auch ihre lange Geschichte, die sich unterschiedlich deuten lässt.
Während der Krieg durch Russland gegen die Ukraine weitergeht, zündelt China an einer Lunte, die ebenfalls einen Konflikt mit globalen Folgen nach sich ziehen könnte: das Verhältnis zur Insel Taiwan.
Festland-China und die Republik China auf Taiwan verbindet eine Jahrhunderte alte Geschichte, die die Kommunistische Partei als Grund für den Wunsch nach Wiedervereinigung anführt. Sie betrachtet die Insel als abtrünnige Provinz, während Taiwan sich als eigenständige Republik begreift und seine Unabhängigkeit – mit Hilfe westlicher Staaten – verteidigen will.
Chinesische Traditionen werden zur Pflicht
Zum ersten Mal wird Taiwan in der Mitte des 17. Jahrhunderts zum Konfliktort. Die Mandschu-Dynastie hat die Ming-Dynastie abgelöst. Deren Anhänger fliehen auf die Insel Taiwan, die damals noch Formosa heißt.
Von dort planen sie, die alten Herrschaftsverhältnisse auch auf dem Festland wieder herzustellen. Aber der Plan scheitert. Die Mandschu-Dynastie übernimmt auch auf Formosa die Macht – Taiwan Taiwan wird integraler Bestandteil der chinesischen Provinz Fujian.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte werden chinesische Traditionen auf der Insel zur Pflicht erhoben: Haartracht und Kleidung, ebenso wie chinesische Namensgebung. Das von den Niederländern nach Formosa gebrachte Christentum wird durch Konfuzianismus und Buddhismus ersetzt.
Taiwans Status ist umstritten
Während der globalen Auseinandersetzungen um Kolonien gerät Taiwan unter japanische Kontrolle. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs muss Japan seinen Kolonialbesitz abgeben, und Taiwan gehört wieder zu Festland-China.
Der chinesische Bürgerkrieg endet 1949 mit einer Niederlage der Kuomintang, die heute eine Partei der Republik China auf Taiwan ist. Der Sieger heißt Mao Zedong. Am 1. Oktober 1949 ruft er die Volksrepublik China aus und etabliert damit einen kommunistischen Staat.
Rund zwei Millionen Soldaten der Kuomintang unter ihrem Anführer Chiang Kai-shek fliehen nach Taiwan und führen die Republik China weiter. Chiang Kai-shek herrscht autokratisch. Nach seinem Tod beginnt eine Demokratisierung des Landes, die vor 30 Jahren, 1992, in den ersten freien Wahlen mündet.
Mehrheit will Status Quo beibehalten
Obwohl die Hoheitsgewalt über die Insel Taiwan de facto von der Republik China ausgeübt wird, wird die Frage nach dem staatsrechtlichen Gebilde Taiwans bis heute kontrovers diskutiert.
Laut einer Umfrage der staatlichen Chengchi-Nationaluniversität in Taipeh unter den Einwohnern Taiwans befürworten nur die wenigsten den Anschluss an Festland-China. Mit großem Abstand wollen die meisten Einwohner Taiwans den Status Quo (vorerst) beibehalten – was unter anderem bedeutet, dass die Republik China relativ autonom agieren kann, aber gleichzeitig nur von wenigen Ländern weltweit als ein diplomatisch anerkannter Staat betrachtet wird.
China ist Taiwans wichtigster Export- und Import-Handelspartner.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der China-Experte und Buchautor Thomas Weyrauch beleuchtet Aspekte der wechselvollen Geschichte Chinas und Taiwans.
- Der Hamburger Asienforscher Thomas Fröhlich beschreibt die Entwicklung der Demokratie und einer eigenen Identität auf Taiwan.
- Die ARD-Korrespondentin Katrin Erdmann beschreibt die Lage auf Taiwan und, wie die Menschen mit der latenten Bedrohung umgehen, von China angegriffen zu werden.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt einen Ausschnitt der chinesisch-taiwanesischen Geschichte.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporter Armin Himmelrath erinnert an die erste freie Wahl in Taiwan 1992.
- Historische Hintergründe von Matthias von Hellfeld
- Interview mit China-Experte und Buchautor Thomas Weyrauch
- Historische Hintergründe von Matthias von Hellfeld
- Beitrag von Armin Himmelrath über die erste freie Wahl in Taiwan 1992
- Historische Hintergründe von Matthias von Hellfeld
- Interview mit dem Hamburger Asienforscher Thomas Fröhlich
- Gespräch mit der ARD-Korrespondentin Katrin Erdmann