Jugendliche haben immer später ihr erstes Mal – das zeigen die neuesten Zahlen einer Studie zur Jugendsexualität der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Vielen kommt es dabei vor allem darauf an, die richtige Person zu finden.
Mary aus Köln war 14 als sie ihr erstes Mal hatte, das war mit einem der angesagtesten Typen aus der Schule. Nur vier Tage nach ihrem Zusammenkommen hatten die beiden Sex in dessen Kinderzimmer. Mary fühlte sich damals stark und cool und war total verliebt - aus heutiger Sicht war sie allerdings einfach nur naiv, erzählt die mittlerweile 20-Jährige. Denn in Wirklichkeit war sie nur Teil der Wette, wer sie schneller ins Bett bekommen könne – ihr Freund oder dessen Kumpel.
"Ich war natürlich total naiv und dachte: Ich bin auf jeden Fall die Eine, der liebt mich total und bei mir wird es ganz ganz anders sein. Ne - war es nicht."
Danach hatte Mary drei Jahre lang keinen Sex mehr. Ihr erstes Mal bereue
sie zwar, aber zu jung habe sie sich damals nicht gefühlt, sie sei
einfach neugierig gewesen.
Ausnahme: Mit 14 erstes Mal Sex
Wer heute das erste Mal Sex mit 14 Jahren hat, gehört zur Ausnahme. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie zur Jugendsexualität der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit 6000 Befragten. Auch fast die Hälfte der 14- bis 17-Jährigen sagt, dass sie sich für das erste Mal zu jung fühlen. 55 Prozent der Befragten warteten auf den Richtigen oder die Richtige.
Warten auf das Besondere
Das Warten auf die richtige Person war auch Leo aus Düsseldorf sehr wichtig. Für ihn war klar, dass er sein erstes Mal mit einer Person haben möchte, die er liebt und mit der er zusammen ist. Es solle schon etwas Besonderes sein, sagt er.
"Für mich war immer klar: Ich möchte mein erstes Mal – ganz egal mit wem - auf jeden Fall mit einer Person haben, die ich liebe und mit der ich eine Beziehung habe."
Leo ist heute 16, sein erstes Mal hatte er mit 15 Jahren. Er und
seine Freundin haben sich dafür vorher gemeinsam und langsam
herangetastet.
Mehr Raum für Sexualität
"Die Jugendsexualität-Studie zeigt, dass sich die jüngeren Menschen jetzt viel mehr Zeit nehmen für die Zeit vor der Penetration. Das einfach Sexualität größer geworden ist."
Sexualität und Lust auszuleben geht vor allem dann, wenn das Vertrauen
in einer Beziehung da ist. Doch Leo sagt auch, dass es einem Social
Media sehr schwer mache, zu verstehen, wer der oder die Richtige für
einen sei.
Tiktok-Videos wollen erklären, wie Beziehung geht
In Ratgebervideos auf Tiktok würden "irgendwelche Beziehungscoaches" einem erklären wollen, wie eine gute Beziehung aussehe und wann sie toxisch sei. Das habe Leon verunsichert.
"Irgendwelche 'Beziehungscoaches' versuchen einem was zu vermitteln. Ich habe dann bei manchen TikToks gedacht: Ach guck mal, bei mir ist das ja ganz anders."
Bei Fabian aus der Nähe von Köln, der eigentlich anders heißt, stellte sich zunächst die Frage: Suche ich den oder die Richtige für das erste Mal? Sein erstes Mal Sex hatte er deshalb erst mit 18, als er sich wirklich sicher war, dass er auf Männer und nicht auf Frauen stehe. Fabian ist froh, dass er so lange gewartet habe. Er habe sich bei seinem Partner sicher und gut aufgehoben gefühlt.
"Ich hab mich sicher gefühlt. Also ich war vertrauensvoll zu der Person, mit der ich es hatte. Das war mir sehr viel wert. Das ist ja schon ein großer und sehr persönlicher Schritt."
Die Hälfte der rund 6000 Befragten der Studie hatten wie Fabian ihr erstes Mal nach dem 17. Lebensjahr. Fabian vermutet, dass es auch daran liegen könne, dass der uneingeschränkte Zugriff zu Pornografie den Druck rausnehme. Selbst, wenn man es noch nicht selbst erlebt hätte, könne man in gewisser Weise mitreden.
Unterscheiden von Sexualität und anderen Bedürfnissen
Psychologin Nele Sehrt sagt, für Jugendliche sei das Beste, sich Zeit zu nehmen und das erste Mal Sex nicht zu früh zu haben. Sie erlebe in ihrer Praxis häufig, dass Menschen, die sich zu früh an Sexualität gewöhnen oder ihre Bedürfnisse nach Liebe und Nähe mit einem rein sexuellen Trieb beantworten, irgendwann Liebe und Sexualität nicht mehr auseinanderhalten könnten. Sich Zeit zu nehmen, bedeutet also auch die eigenen Bedürfnisse besser kennenzulernen.
"Wir lernen ganz viel in der Pubertät, wenn wir nicht miteinander schlafen."