Justiz- und Innenministerium wollten mithilfe einer Studie untersuchen lassen, ob es bei der Polizei sogenanntes Racial Profiling gibt. Also anlassloses Kontrollieren aufgrund äußerer Merkmale. Dann kam der Rückzug: Die Untersuchung sei unnötig, so das Innenministerium. Racial Profiling sei verboten und deshalb gebe es das auch nicht. Der Polizeisoziologe Rafael Behr fordert jedoch solch eine Studie: "Wir müssen wissen, was Sache ist."
Racial Profiling bedeutet, dass Menschen allein aufgrund äußerer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden. Ohne Verdacht. In Deutschland ist das verboten.
Zuletzt wurde über Rassismus auch bei der Polizei diskutiert. Aber es fehlen wissenschaftliche Untersuchungen. Deshalb sollte es eine Studie geben. Doch nun stellt sich Bundesinnenminister Horst Seehofer quer. "Insbesondere Personenkontrollen müssen diskriminierungsfrei erfolgen", heißt es aus dem Ministerium. Deshalb gebe es auch kein Racial Profiling.
Laut Innenminister gibt es kein Racial Profiling
Rafael Behr ist Polizeisoziologe an der Akademie der Polizei Hamburg. Er war selbst viele Jahre Polizist. Dass es keine Studie geben soll, darüber ist er "ziemlich erbost". Der Innenminister wolle ihn glauben machen, dass etwas nicht geschehe, weil es verboten sei. "Das ist einfach nicht der Fall", sagt Rafael Behr.
"Wir müssen wissen, was Sache ist. Und das verweigert der Minister."
Dass es bei der Diskussion um Rassismus in der Polizei nur um Einzelfälle gehen soll, glaubt der Polizeisoziologe nicht. "Das ist eine völlig unzulängliche Beschreibung der Situation."
Aus den migrantischen Communities werde immer wieder gemeldet, dass sie öfters kontrolliert werden als andere. Auch Polizisten mit Migrationshintergrund, so Rafael Behr, würden in ihrer Freizeit häufiger kontrolliert als "ihre bio-deutschen Kollegen".
Profile entwickeln ist nicht das Problem, sondern Vorurteile
Profiling, also Profile zu bilden, sei für die Polizeiarbeit durchaus notwendig. "Aber es müssen die richtigen Profile sein. Und das ist leider ganz oft nicht der Fall", sagt Rafael Behr.
Natürlich kontrolliere die Polizei an bestimmten Brennpunkten verstärkt. Zum Beispiel an Orten, an denen Drogen gedealt werden. Solche Brennpunkte sind teils von Minderheiten dominiert: Doch daraus lässt sich eben nicht schließen, dass alle, die dieser Minderheit angehören, Drogendealer sind. "Dann ist es stereotyp. Dann ist es ein Vorurteil. Und dann ist es rassistisch", so Rafael Behr.
"Kern des Racial Profiling ist: Dass eine rassistische Grundhaltung dazu führt, dass Menschen stärker kontrolliert werden als andere. Und ungerecht behandelt werden."
Im Umkehrschluss heißt das nicht, dass nicht kontrolliert werden darf. Aber: "Man darf nicht wegen nur eines Merkmals andere Verhaltensweisen unterstellen", sagt Rafael Behr. In der Ausbildung werde deshalb gelehrt, dass Polizeiarbeit auf Beweisbarkeit und Evidenz basieren muss.
Das heißt, der Anlass, um zum Beispiel jemanden zu kontrollieren, ergibt sich aus verschiedenen Gründen wie Uhrzeit, Kleidung, Ort. "Dann kann man natürlich auch Menschen kontrollieren, die Minderheiten angehören. Das ist überhaupt keine Frage," sagt der Polizeisoziologe.
Aber eben nicht, wenn für die Kontrolle nur ein Merkmal entscheidend ist – und das ist allein das Aussehen.
Kritik am Innenminister
Es gebe verschiedene Maßnahmen gegen Rassismus im öffentlichen Dienst insgesamt, so Gudula Geuther aus dem Dlf-Hauptstadtstudio. "Aber da geht es nie spezifisch um die Polizei."
Viele forderten deshalb, sich unter anderem Racial Profiling genau anzuschauen, um zu wissen, ob es ein Problem mit Rassismus gibt und wie groß es ist.
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