Weihnachten – für manche ist es ein entspannter Abend mit gutem Essen und noch besseren Gesprächen, für andere bedeutet es Stress und Druck. Letzteres liegt häufig daran, dass wir von diesem Abend zu viel erwarten und dann nur enttäuscht werden können.

Manchmal muss nur ein falscher Satz fallen und der Weihnachtsabend ist im Eimer. Für viele von uns fühlt sich Weihnachten wie eine tickende Zeitbombe an und egal wie – man kann es nur falsch machen.

Das liegt vor allem daran, dass wir Weihnachten oft mit so großen Erwartungen an unsere Familie und uns selbst verknüpfen, dass wir eigentlich nur enttäuscht werden können, sagt Katrin Imbierowicz, leitende Oberärztin an der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapeutin an der Bonner Uniklinik. Ihr Tipp: am besten schon vor dem Fest mit allen über die eigenen Erwartungen und die der anderen sprechen.

Die Vorfreude auf den Abend zelebrieren

Planen vor Weihnachten ist gut und wichtig. Dabei sollte es aber nicht nur um die Geschenkeverteilung und das Essen gehen, sondern auch um die eigenen Erwartungen und die der anderen Familienmitglieder. Was wünsche ich mir für diesen Abend? Ist das überhaupt realistisch? Und vor allem: Wissen die anderen, was ich mir von diesem Abend erwarte und wünsche?

Dabei lohnt es auch zu überlegen, ob man Weihnachten eigentlich so wie immer feiern möchte oder ob man den Abend auch einmal anders gestalten will, sagt Katrin Imbierowicz.

"Es liegt ein besonderer Reiz darin, es nicht jedes Jahr gleich zu machen."
Katrin Imbierowicz, Ärztin und Psychotherapeutin

Das Herbeisehnen der besonderen Momente

Oft sei das Problem auch, dass sich alle einen Abend voller besonderer Momente herbeisehnen und diese dann auch forcieren. Besondere Momente entstehen allerdings häufig eher ungeplant und sind nur schwer zu konstruieren, wie Katrin Imbierowicz aus eigener Erfahrung weiß.

"Besondere Momente entstehen nach meiner Erfahrung eher ungeplant. Deswegen würde ich damit vorsichtig sein, die Feiertage mit einem hohen Erwartungsdruck zu überfrachten."
Katrin Imbierowicz, Psychotherapeutin

Besondere Momente können dabei ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Für den einen ist ein unerwartet ruhiger und entspannter Abend ein besonderer Moment. Für die andere kann dagegen ein spontanes Spiel oder ein Film den Abend besonders machen. Wichtig dabei ist nur, sich auch über die kleinen Dinge und Momente zu freuen.

"Nicht zu viel Respekt vor diesen Tagen haben"

Für die unangenehmen Sprüche von Onkeln oder Tanten oder für eskalierende politische Diskussionen hat Katrin Imbierowicz folgenden Tipp: Habt nicht zu viel Respekt vor dem Abend und auch nicht vor dem Sprüche klopfenden Onkel! Ihrer Meinung nach dürfe man hier auch sagen, dass diese oder jene Diskussion unangebracht ist und man die alten Argumente nicht schon wieder hören möchte.

"Ich glaube, dass es der Stimmung und dem Miteinander eher guttut auch eine Grenze zu setzen und zu sagen: 'Also, das möchte ich jetzt bitte nicht schon wieder hören!'"
Katrin Imbierowicz, Psychotherapeutin

Grundsatzdebatten sollten am Weihnachtsabend aber besser nicht geführt werden. Denn Katrin Imbierowicz sieht hier das Risiko, dass die Diskussion möglicherweise nicht für alle zufriedenstellend beendet werden könnte und die Familie offen und im Streit auseinandergehe.

Sich selbst und andere nicht so ernst nehmen

Bei allen kleineren Streitigkeiten rät sie: Am besten, man nimmt sich selbst an diesem Abend nicht so ernst und fängt den Streit wieder mit Humor ein.

Wenn die Mama beispielsweise mal wieder die Frisur oder die Klamotten kritisiert, sollte man lieber einen Witz über die eigene Frisur hintendranhängen, anstatt in die Abwehr zu gehen.

Shownotes
Stressige Traditionen
Weihnachten: So vermeiden wir Streit an den Feiertagen
vom 11. Dezember 2021
Moderatorin: 
Lena Mempel
Gesprächspartnerin: 
Katrin Imbierowicz, Ärztin und Psychotherapeutin