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Die Regierung plant schon länger ein Lieferkettengesetz, doch der Streit darum hält an. Unternehmen sollen mehr Verantwortung übernehmen – auch für die Zulieferer. Es soll zum Beispiel keine Kinderarbeit geben und Erwachsene sollen faire Löhne bekommen. Bei dem Streit geht es auch um die Macht der Unternehmen und die Frage, ob sie nicht längst kreativer sein könnten, sagt Julia Hartmann von der EBS Business School. Sie forscht seit rund 15 Jahren zum Thema nachhaltige Lieferketten.

Der Vorschlag für das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Unternehmen ab einer Größe von 500 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verpflichtet werden, für die Einhaltung von Menschenrechten und Sozialstandards bei Zulieferern im Ausland zu sorgen.

Strittig sind die Aspekte Kosten für die Wirtschaft sowie die Frage der Haftung. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass Unternehmen haften sollen, wenn sie nicht sorgfältig auf die Einhaltung von Standards achten. Falls nicht, könnte das Folgen haben. "Das heißt, da werden Bußgelder fällig und es wäre möglich, Unternehmen zu verklagen", sagt Julia Hartmann.

Das Prinzip Freiwilligkeit funktioniert bislang wenig

Bislang setzt die Politik eher auf Freiwilligkeit. Das heißt, die Unternehmen sollen von sich aus Standards einhalten. Doch das machen nur wenige, berichtet Julia Hartmann. "Die Möglichkeit der freiwilligen Selbstverpflichtung gibt es ja schon sehr lange. Das machen auch durchaus einige Unternehmen, aber deren Anteil ist in den letzten Jahren so gut wie gar nicht gewachsen."

Das wenige Engagement stagniert

Und auch bei diesen Vorreitern stagniert das Engagement. Denn die machen für sich selbst die Erfahrung, dass sich das Engagement eher als Wettbewerbsnachteil auswirkt, etwa weil sie auf der einen Seite Geld investieren um Lieferketten anders zu gestalten, andere Unternehmen aber nicht mitziehen. Deshalb glaubt Julia Hartmann, dass die Frage der Haftung wichtig ist, damit sich etwas ändert.

"Um tatsächlich eine tiefgreiferende Verbesserung in der Lieferkette zu erwirken, ist in meinen Augen die Haftung leider tatsächlich notwendig."

Bei allem Druck aus der Politik, bleibt die Frage der Machbarkeit. Lieferanten wissen teils nicht, was sie anders machen sollen, sagt Julia Hartmann. Denn Standards durchzusetzen ist nicht immer einfach. Kinderarbeit zum Beispiel geschieht in Regionen, in denen Menschenrechte insgesamt nicht garantiert werden.

"Viele Lieferanten wissen schlicht nicht, was sie besser und anders machen sollen."

Die Regierungen in den Ländern wollen teils keine Menschenrechts- und Sozialstandards umsetzen oder sie sind nicht in der Lage dazu. Die internationale Politik kann hier nur bedingt einwirken. Aber: "Unternehmen haben hier sehr viel Macht", sagt Julia Hartmann.

Blockchain als günstige Lösung für mehr Transparenz

Und sie könnten auch schon einige Schritte weiter sein, findet sie. "Viele haben sich noch nicht viele Gedanken über neuartige Lösungen gemacht." Die Blockchain-Technologie zum Beispiel kann solch eine Lösung sein. Mit dieser vergleichsweise neuen Technologie werden Datensätze, also Blocks, dezentral und fälschungssicher übermittelt. "Dann hätte ich in der Lieferkette sehr viel mehr Transparenz." Außerdem wäre es eine Lösung, die die Wertschöpfung nicht unbedingt viel teurer machen würde.

Shownotes
Konsum und Menschenrechte
Streit um Lieferketten: Firmen könnten längst weiter sein
vom 04. Dezember 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Julia Hartmann, EBS Business School