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Amazon Prime, Netflix und Co – sie verstehen sich selbst als Demokratie-Verstärker. Der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Marcus S. Kleiner geht vom Gegenteil aus.

Netflix macht gigantische Umsätze. Der Streamingdienst hat mehr als 220 Millionen Abonnenten. Der Video-on-Demand-Riese verspricht ebenso wie seine Konkurrenten von Amazon Prime, Disney+ und Apple einmalige Film- und Serienerlebnisse für die breiten Massen. Ein demokratischer Ansatz? Der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Marcus S. Kleiner denkt, dass die Streamingdienste demokratischen Prozessen eher entgegen wirken können.

Streaming ist das Leitmedium unserer Zeit, sagt der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Marcus S. Kleiner. Mit dieser Aussage liegt er scheinbar nicht so weit entfernt von Reed Hastings Auffassung, dem Netflix-Gründer, wonach Besitz out sei – das neue Ding dagegen sei Zugang.

Anbieter von Video on Demand-Diensten verstünden sich als Demokratie-Verstärker, sagt Marcus S. Kleiner. Seine These dagegen lautet: Diese Anbieter und die Logik der entsprechenden Services unterminieren die Demokratie.

"Das On-Demand-Videostreaming ist für mich etwas, was sich Adorno und Horkheimer in der 'Dialektik der Aufklärung' nicht hätten träumen lassen. Die doppelte Ökonomie der Selbst-Manipulation, -Entmündigung und -Ausbeutung."
Marcus S. Kleiner, SRH Berlin University of Applied Sciences

Das Auslesen der Vorlieben und Abneigungen des Publikums gepaart mit dem Empfehlungsmanagement seien demokratieschädigend. Statt den Blick auf die Welt zu weiten, werde alles auf den eigenen Geschmack reduziert.

Marcus S. Kleiner: Nur Anbieter mit zusätzlichen Geschäftsmodellen werden überleben

Obwohl Netflix weltweit mehr Abonnements verkauft und mehr Zuschauer habe, sieht er den "Allesverkäufer Amazon" vorne. Nur die Anbieter, die zusätzliche Geschäftsmodelle anzubieten hätten, können sich Marcus S. Kleiners Prognose nach dauerhaft halten.

Wenn Netflix nicht zügigst ein zusätzliches Geschäftsmodell entwickelt, wird es abstürzen in den nächsten Jahren. Wird hinter der doppelten Ökonomie anderer Anbieter untergehen.
Marcus S. Kleiner, SRH Berlin University of Applied Sciences

Der Vortrag

Marcus S. Kleiner lehrt als Professor Medien- und Kommunikationswissenschaften an der privaten Fachhochschule SRH Berlin University of Applied Sciences. 2020 erschien sein Buch "Streamland. Wie Netflix, Amazon Prime & Co. die Demokratie bedrohen".

Seinen gleichnamigen Vortrag hat er am 7. Oktober 2021 online gehalten, auf Einladung des Neuen Evangelischen Forums Moers, des Evangelischen Erwachsenenbildungswerks des Kirchenkreises Aachen, der Philippus Akademie und der Evangelischen Akademie im Rheinland.

Shownotes
Medien und Macht
Wie Streaming die Demokratie beschädigen kann
vom 03. März 2022
Moderation: 
Katja Weber
Vortragender: 
Marcus. S. Kleiner, SRH Berlin University of Applied Sciences