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Heute startet – digital – die "Sticks & Stones", die europaweit größte Jobmesse für LGBTQ. Die sexuelle Orientierung spielt offensichtlich immer noch eine Rolle bei manchen Jobs. Schwulen, Lesben oder trans Menschen werden bestimmte Eigenschaften zugeschrieben.

Im Jahr 2020 sollte die sexuelle Orientierung eigentlich keine Rolle bei der Jobsuche spielen, sollte man meinen. Eigentlich. Offensichtlich tut sie es aber doch. Die Jobmesse Sticks & Stones, die wegen Corona 2020 online stattfindet, möchte eine Anlaufstelle sein.

Am Arbeitsplatz sei nämlich nach wie vor Heteronormativität das Normale – deshalb würden sich immer noch viele verstecken, sagt Albert Kehrer von der Stiftung Prout at work. Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass die Arbeitswelt offen für alle ist – und Unternehmen möglichst divers. Vielen Männern falle es zum Beispiel schwer, am Montag Morgen zu erzählen, dass sie ihr Wochenende mit ihrem Lebenspartner oder ihrem Mann verbracht haben. Stattdessen war es dann zum Beispiel "eine Freundin".

Vorurteile in den Köpfen

Bei einem Vorstellungsgesprächen darf nach der sexuellen Orientierung nicht gefragt werden, sagt Albert Kehrer. Wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber allerdings offen darüber spricht, dürfe ihr oder ihm das nicht negativ angekreidet werden. Doch genau das geschehe häufig: Wenn jemand offen mit dem Thema umgeht, dann habe sie oder er im Bewerbungsverfahren nicht so gute Chancen wie heterosexuelle Personen.

"Leider ist es so, dass Schwulen, Lesben oder trans Menschen gewisse Eigenschaften zugeschrieben werden, die nicht so positiv sind wie die von heterosexuellen weißen Männern."
Albert Kehrer, Stiftung Prout at work

Schwulen etwa werde zugeschrieben, sie seien nicht so durchsetzungsstark – ähnlich wie das Frauen zugeordnet werde. Es sei bekannt, dass Frauen nicht dieselben Karrierechancen haben wie Männer. Außerdem gebe es viel zu wenige LGBT-Personen in Top-Positionen.

Es kommt auf die Menschen an

Dass die Voreingenommenheit gegenüber LGBTQ in bestimmten Branchen besonders ausgeprägt sei, glaubt Albert Keller nicht. Es hänge sehr von den Personen selbst ab, mit denen man spreche.

"Es kann eine konservative Branche sein, wo ich auf einen liberalen Menschen treffe. Es kann aber auch ein liberales Unternehmen sein, wo jemand einfach nicht so offen ist."
Albert Kehrer, Stiftung Prout at work

Sätze wie "In einem Handwerksbetrieb ist es wahrscheinlich schwieriger, schwul zu sein, als in einer Werbeagentur" möchte sich Albert Kehrer nicht zu eigen machen. Er kenne Menschen, die in Handwerksbetrieben arbeiten und dort "vollen Support“ haben. Handwerksbetriebe seien ja häufig auch kleiner und dort gehe es recht familiär zu. Wenn hier jemand seine Arbeit gut mache, dann sei er in der Regel auch gut integriert.

In Werbeagenturen könne es dagegen durchaus auch ein Klima geben, das nicht unbedingt immer positiv ist. Oft werde dieses nur von außen als "sehr schwulenfreundliches Umfeld" angesehen.

Offensiver Fachkräfte suchen

Wegen des Fachkräftemangels brauchen viele Firmen Mitarbeiter. Viele mittelständische Unternehmen sind durchaus tolerant, kommunizieren das aber nicht nach außen. Diese Unternehmen könnten viel offensiver damit umgehen, findet Albert Kehrer.

"Diversity Management wird hauptsächlich von den großen Unternehmen betrieben, dafür gibt es extra Abteilungen."
Albert Kehrer, Stiftung Prout at work

Diversity Management kostet Geld. Mittelständische Unternehmen hätten Angst, sagt Albert Kehrer, dass sie eigens Abteilungen einführen müssen, um offen für unterschiedliche Menschen zu sein.

Eine Frage der Haltung

Dabei sei es nur eine Haltungsfrage. Wenn Unternehmen etwa auf ihrer Webseite ihre Position klar kommunizieren und schreiben, dass es ihnen egal ist, woher jemand kommt, wie jemand aussieht oder welches Geschlecht oder sexuelle Orientierung jemand hat, wäre das schon mal ein Pluspunkt. Die USA, Großbritannien und die Niederlande seien da schon deutlich weiter als Deutschland.

Shownotes
Jobmesse Sticks & Stones
So divers sind deutsche Unternehmen
vom 23. Juni 2020
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Albert Kehrer, Stiftung Prout at work