Überall in Europa steigen seit Wochen die Corona-Fälle. Auch in Deutschland wurden neue Höchstzahlen gemeldet. In manchen EU-Ländern sind die Zahlen aber weitaus höher.
Die Corona-Situation sieht beispielsweise in Tschechien nicht gut aus. Da gab es teilweise die höchsten Infektionszahlen pro Million Einwohner. Und in Belgien sind bereits circa 10.000 Menschen an Covid-19 gestorben, etwa so viele wie in Deutschland. Obwohl Belgien viel kleiner ist. Und in den Niederlanden hat die Regierung das Nachverfolgen von Fällen eigentlich schon aufgegeben.
Wissenschaftliche Analysen gibt es noch nicht, warum gerade in den Niederlanden, Tschechien und Belgien die Infektionszahlen derart hoch sind. "Es ist eine Gemengelange aus verschiedenen Faktoren, die eine Rolle spielen können", sagt Kathrin Zinkant, Wissenschaftsjournalistin bei der Süddeutschen Zeitung.
"Gerade in Europa kommt wahrscheinlich das Präventionsparadox hinzu: Die Zahlen sind im Sommer wegen der Maßnahmen runter gegangen, man hatte das Gefühl: Corona ist weg."
Kathrin Zinkant macht mehrere Punkte aus, die eine Rolle spielen könnten: Ob die Regierungen die Pandemie im Sommer behandelt und sie überhaupt noch in ihrer Politik berücksichtigt haben? Wann wurden die Maßnahmen gelockert und wann wurden sie wieder angezogen?
Das trügerische Gefühl: Corona ist weg
Tatsächlich hatte sich die Situation in vielen Ländern im Sommer entspannt. Das könnte jetzt auch höhere Fallzahlen verursachen: "Gerade in Europa kommt wahrscheinlich das Präventionsparadox hinzu", sagt Kathrin Zinkant. "Die Zahlen sind im Sommer wegen der Maßnahmen runter gegangen, man hatte das Gefühl: Corona ist weg." Die Regierungen in Tschechien, Belgien und in den Niederlanden hätten nicht viel gegen dieses Gefühl unternommen. "In Tschechien wurde sogar auf den Straßen das Ende von Corona gefeiert", berichtet die Journalistin. Die Anspannung war weg.
Warnungen vor der zweiten Welle in Deutschland
Das sei in Deutschland anders gewesen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Politikerinnen und Politiker haben immer betont, dass die Lage weiterhin ernst sei. In Spanien war diese Anspannung auch nie weg, dort gab es auch die schwersten Ausgangssperren in Europa. Die Corona-Zahlen sind dort weiterhin relativ hoch, aktuell werden täglich mehr als 10.000 Neuinfektionen gemeldet.
"Im Moment geht es darum, dass man auch auf europäischer Ebene im Schulterschluss versucht, die Infektionen wieder zurückzudrängen."
"Spanien ergreift die Zentralregierung die Maßnahmen, aber die Regionen müssen auch mitziehen", sagt Kathrin Zinkant. Wenn sich die Regionen gegen die Regeln wehren, verwirre das die Menschen. "Da herrschen in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Maßnahmen." Ein bisschen wie in Deutschland.
Es bleibe schwierig, über die Gründe für die steigenden Zahlen zu spekulieren, sagt die Wissenschaftsjournalistin. Die Lage ändere sich ständig in Europa. Darum gelte: "Im Moment geht es darum, dass man auch auf europäischer Ebene im Schulterschluss versucht, die Infektionen wieder zurückzudrängen."