Tina Howard ist 1982 in Leipzig geboren, Rahel Klein 1990 in Siegen (Nordrhein-Westfalen). Gemeinsam besuchen sie in der Woche vor dem Mauerfall-Jubiläum Menschen, in deren Leben die deutsche Ost-West-Geschichte Spuren hinterlassen hat. Von ihrer Reise berichten sie auf Instagram und im Live-Programm von Deutschlandfunk Nova. Wir haben vorher mit ihnen darüber gesprochen, was sie mit dem Thema verbindet.

Tina, du bist in Leipzig auf­gewachsen – am 9. November 1989 warst du sieben Jahre alt. Erinnerst du dich noch an den Tag?

Tina Howard: Da war ich vermutlich schon im Bett. ;-) Die Leute sind ja erst spät abends wirklich rüber nach Westberlin. Ich erinnere mich aber, dass unser Fernseher andauernd lief und meine Eltern am nächsten Tag überlegt haben, nach Berlin zu fahren, weil ja nie­mand wusste, ob die nicht die Mauer einfach wieder zumachen.

Rahel, du bist 1990 in Siegen geboren. War die Teilung Deutschlands für dich überhaupt mal Thema?


Rahel Klein: Kaum. Ich kann mich ehrlich ge­sagt nicht daran erinnern, dass wir das The­ma in der Schule so richtig durchgenommen haben. Und innerhalb meiner Familie war die deutsche Teilung auch kaum Thema. Ich er­innere mich daran, dass meine Eltern einmal über die Grenze wollten, aber nicht durften. Erst während meines Studiums habe ich mich mit der Geschichte der DDR auseinandergesetzt, habe Leipzig, Dresden und Ber­lin besucht.

Der Mauerfall erscheint vor allem in vielen Berufsbiografien immer wie ein Um­bruch. Wie hat er dein Leben verändert, Tina?


Tina: Grundlegend und für immer, weil sich für mich Möglichkeiten eröffneten, die mei­ne Eltern nicht hatten. In meinem (Kinder-) Alltag änderten sich die Dinge erst nach und nach. Ich war der erste Jahrgang, der von der 5. Klasse an aufs Gymnasium ging. Und meine Eltern sind richtige Reisefreaks geworden – ich hab viel von (West-)Europa gesehen. Ich hab aber auch gesehen, wie Menschen in meiner Umgebung ihre Jobs verloren haben, jahrelang auf Montage ge­fahren sind oder ihnen gesagt wurde, dass alles, was sie bisher gemacht haben, Käse war. Das war nicht leicht und ist es für einige bis heute nicht.

Rahel, bei Deutschlandfunk Nova arbeiten viele Menschen, die zum Beispiel in Leipzig studiert haben, die auch noch in der DDR aufgewachsen sind – spielt da die Herkunft irgendeine Rolle in der Berichterstattung?


Rahel: Ich glaube, dass meine Kolleginnen und Kollegen mit Bezug zur DDR oder zum Osten im Allgemeinen oft einen differenzierteren und etwas anderen Blick auf die Ent­wicklungen im Osten haben. Ich glaube, dass es uns da manchmal an Verständnis mangelt und deshalb finde ich es wichtig, dass sich die Kolleginnen und Kollegen mit ihrem an­deren Blickwinkel einbringen.

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Tina, du lebst schon länger in Köln. Spielt dieses Herkunfts-Thema überhaupt noch eine Rolle?

Tina: Ja, das spielt eine Rolle. Ich bin einfach anders aufgewachsen. Nicht nur, dass ich an­dere Bücher gelesen und Zeichentrickfilme gesehen habe. Der Anfang meines Lebens war von einer Gesellschaft geprägt, die nicht auf Konsum ausgerichtet war, sondern auf eine in der Regel erzwungene Gemeinschaft.

Auf was freut ihr euch am meisten auf der Reise?

Rahel: Ich freue mich am meisten darauf, ganz unterschiedliche Menschen zu treffen und mir ihre persönlichen Geschichten anzu­hören. Und ich freue mich darauf, die Begeg­nungen für mich ganz persönlich zu reflektie­ren und unsere Hörerinnen und Hörer daran in unseren Storys teilhaben zu lassen. Tina: Ich sitze gern in fremden Wohnzimmern – ich hab schon in vielen verrückten Wohn­zimmern gesessen. Außerdem möchte ich ein vielfältigeres Bild vom Osten zeigen, als das meist in der schnelllebigen Berichterstattung möglich ist. Und ich würde gern zeigen, dass es für beide Seiten, Ost und West, gut war, dass es die Wiedervereini­gung gab.

Sind Ossi-Witze, Wessi-Witze okay – oder verbietet ihr euch die gegenseitig?

Tina: Voll okay. Wer nicht über sich lachen kann, nimmt sich definitiv zu ernst.
Rahel: Ich bin offen für Wessi-Witze – ich kenne bisher nämlich keine. ;-)