Muskeln aufgeklebt und stark ist das Herz? Herzmuskelschwäche ist sehr häufig und eigentlich nicht heilbar. Seit einiger Zeit werden Muskelzellpflaster getestet – offenbar mit Erfolg.
Eine Art Pflaster aus Herzmuskelzellen kann bei Herzmuskelschwäche helfen. Klinische Studien laufen seit einiger Zeit. Eine Untersuchung der langfristigen Effekte bei Menschen und Rhesusaffen sind gerade in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht worden.
Forschende der Universitätsmedizin in Göttingen und des Uniklinikums Schleswig-Holstein haben diese Hilfsmuskelpatches für das Herz maßgeblich entwickelt. Und es scheint zu funktionieren. Das vielschichtige Herzmuskelzellenstück kann allerdings nicht wie ein Pflaster geklebt werden – es wird operativ genäht.
Auf das Herz genäht
Trotzdem: Die äußerliche Ähnlichkeit zum Pflaster ist da, findet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Tobias Blum, und die medizinische Wirksamkeit auch. Grundlage für das pflasterartige Gewebe sind menschliche Stammzellen aus dem Labor. Diese ähneln Stammzellen in einem Embryo.
"Nach drei Monaten Produktionszeit wächst wirklich etwas, das aussieht wie ein Pflaster. Ist so vier mal vier Zentimeter groß – und das kann man dann in einer Operation auf ein Herz drauf nähen."
Herzmuskelschwäche ist einer der häufigsten Gründe, warum Menschen in Deutschland ins Krankenhaus kommen. Über 400.000 sind es jährlich – Tendenz steigend. Bei einer Herzmuskelschwäche pumpt das Herz nicht mehr so gut, weil ein Teil des Herzmuskels abgestorben ist. Das Blut wird dann schlechter transportiert.
Lebensverlängernd statt heilend
Ist die Herzschwäche schon fortgeschritten, können manche Betroffenen keine 50 Meter mehr laufen, weil sie Atemnot bekommen. Wenn es so schlimm ist, dass ein komplettes Herzversagen droht, gibt es bislang nur zwei lebensverlängernde Maßnahmen:
- ein neues Herz von einem Organspender
- eine mechanische Unterstützung, also eine Art künstliches Herz
Vor seinem Test in der medizinischen Praxis ist dieses Herzpflaster schon bei kleinen Tieren und später auch bei Affen getestet worden. "Es gibt 15 Menschen, die ein Herzpflaster bekommen haben, die Auswertung läuft", sagt Tobias Blum. Einer der Teilnehmenden gibt an, dass seine Herzleistung von zehn auf 35 Prozent zugenommen hat. "Was schon viel ausmacht. Es ist eine ganz große Umstellung von schlecht auf gut", sagt der Patient Frank Teege.
Die neuen Ergebnisse von einem menschlichen Herzen und mehreren Rhesusaffen deuten darauf hin, dass diese Zellpflaster wirklich funktionieren. Die Zellen überleben im menschlichen Körper, machen die Zellwand dicker und unterstützen den Herzschlag.
Das Immunsystem ist dagegen
Bisher scheint es keine Nebenwirkungen zu geben. 15 Menschen mit Herzpflaster sind allerdings auch keine große Gruppe, sagt Tobias Blum. Bis die Nebenwirkungen wirklich klar abschätzbar sind, werde es noch dauern. Eine Voraussetzung für die Anwendung des Herzmuskelpflasters ist, dass Patientinnen und Patienten Immunsuppressiva einnehmen müssen.
Das Immunsystem erkennt die Fremdheit der Zellen des Herzmuskelpflasters und will dagegen vorgehen. "Also muss das Immunsystem mit Medikamenten gebremst werden, damit es nicht zu Entzündungen kommt und das Herzpflaster nicht abgestoßen wird", erklärt Tobias Blum. So ähnlich wie nach der Implantation einer Organspende.