Bei Oskar sorgen Routinen eher für Langeweile. Er probiert sich gerne aus und wählt lieber immer das Neue. Sensation Seeking kann viele Vorteile haben – wenn wir sie zu nutzen wissen. Wir können uns aber auch darin verrennen.
Seit etwa elf Jahren setzt Oskar als Content Creator neue Inhalte auf Social Media um. Von Comedy-Videos über Vlogs und Beiträgen über Technik-Themen bis hin zu Inneneinrichtung – Oskar hat sich auf seinem Kanal (@dieseroskar auf Youtube, Instagram und Tiktok) schon mit vielen verschiedenen Inhalten beschäftigt.
"Ich habe selten lange ein Thema richtig durchhalten können, weil ich dann ein bisschen davon gelangweilt war."
Er findet immer wieder was Neues, fuchst sich in das Thema rein und sobald er das Gefühl hat, darin eine Routine zu entwickeln, wird ihm langweilig und er ändert wieder seinen Fokus. Oskar möchte Abwechselung in seiner Arbeit und in seinem Leben. Ein komplett geregelter Alltag wäre auf Dauer nichts für ihn, sagt er.
Zu seinem Lebensstil hat ihn sein Vater inspiriert. "Mein Papa ist auch selbstständig und macht auch alles Mögliche. Dieser typische Lebensverlauf – ein Studium abschließen, zur Arbeit gehen, sich da hocharbeiten und dann irgendwann in Rente gehen – das ist keine Option für mich", erzählt er. Sich ständig auszuprobieren kann zwar auch anstrengend sein, sagt Oskar, aber meistens ist er froh darüber, diesen Weg zu gehen. Er sieht darin viel Raum für Weiterentwicklung.
FOBO: Geht es immer besser?
Die Herausforderung dabei ist, sich nicht in der Suche nach der besten Möglichkeit zu verrennen. Psychologe Rüdiger Maas spricht hier von "FOBO". Das steht für "Fear of better options" und meint die Angst, dass es woanders besser sein könnte.
Rüdiger Maas leitet das Institut für Generationenforschung und er beobachtet, dass diese Angst bei der Gen Z dauerpräsent ist. Das zeigt sich zum Beispiel schon darin, wie wir den Film oder die Serie auswählen, die wir uns ansehen wollen. Auf den Streaming-Plattformen ist die Auswahl gefühlt endlos. Ein Film scheint besser als der andere – da fällt die Entscheidung schwer. Also scrollen und scrollen wir, weil wir nicht die bessere Option verpassen wollen und sind dann am Ende so genervt, dass wir gar keine Lust mehr auf irgendeinen Film haben.
"Wenn ich mich auf diese Reise begebe, kann es auch sein, dass ich einer Utopie verfalle, also die Suche nach dem immer besser und weiter."
"Ich kann mir mehr oder weniger alles aussuchen. Dadurch ist auch alles sehr stark entwertet. Man hat immer diesen Effekt: Woanders könnte es noch besser und schöner sein. Mit diesem Gefühl gehe ich an ganz viele Dinge ran und achte dann mehr auf das Negative, habe eine höhere Wertung an alles und entwerte gleichzeitig sehr viel", sagt er. Das führe wiederum dazu, dass die Gen Z unglücklicher ist als frühere Generationen, die weniger Auswahl hatten.
Sensation Seeking
Schnelle Langeweile kann auch ein Anzeichen für Sensation Seeking sein. Das beschreibt "das Bedürfnis nach neuen, abwechslungsreichen und oft auch intensiven Erfahrungen", sagt Michael Tomoff. Der Psychologe und Coach nennt vier Arten, wie sich Sensation Seeking zeigen kann.
- Reiz- und Abenteuersuche: Das große Verlangen nach Aktivitäten, die mit Geschwindigkeit oder Gefahr verbunden sind wie Fallschirmspringen.
- Erfahrungssuchende: Ständig auf der Suche sein nach neuen sensorischen oder auch mentalen Erfahrungen durch zum Beispiel unkonventionelle Lebensweisen.
- Enthemmung: Die Tendenz, soziale Normen in gewisser Weise zu überschreiten wie beim exzessiven Feiern oder starkem Konsum von Alkohol und anderen chemischen Drogen.
- Anfälligkeit für Langeweile: Geringe Toleranz für monotone Situationen und Routinen. Wenn für längere Zeit kein neuer Reiz entsteht, führt das oft zu Unruhe.
"Menschen mit einer hoher Ausprägung dieses Merkmals suchen bewusst nach aufregenden Aktivitäten und sind bereit, dafür Risiken einzugehen."
Unsere Gene und Umweltfaktoren, unser Aufwachsen zum Beispiel, kann Sensation Seeking begünstigen – und auch die Digitalisierung. Denn: Online ist der nächste Reiz quasi nur einen Klick entfernt.
Wer das Sensation Seeking weniger stimulieren, sondern regulieren möchte, kann das zum Beispiel über Achtsamkeitsübungen oder Techniken wie Meditation machen. Auch eine Therapie oder ein Coaching sind Möglichkeiten, impulsives Verhalten zu erkennen und zu steuern, sagt Michael Tomoff.
Im Sensation Seeking liegen auch viele Vorteile. Die Menschen, die so ticken, haben eine große Offenheit für neue Erfahrung und eine total hohe Bereitschaft, Risiken einzugehen, sagt der Psychologe und Coach. Sie sind etwa sehr kreativ, innovativ, können sich schnell an verändernde Kontexte anpassen und haben Führungsqualitäten.
Im Podcast geht Psychologe und Coach Michael Tomoff noch mehr darauf ein, was Sensation Seeking evolutionär gesehen für Vorteile hat und wie wir die Eigenschaft für uns nutzen können. Klickt dafür oben auf den Playbutton.
Meldet euch!
Ihr könnt das Team von Facts & Feelings über WhatsApp erreichen.
Uns interessiert: Was beschäftigt euch? Habt ihr ein Thema, über das wir unbedingt in der Sendung und im Podcast sprechen sollen?
Schickt uns eine Sprachnachricht oder schreibt uns per 0160-91360852 oder an factsundfeelings@deutschlandradio.de.
Wichtig: Wenn ihr diese Nummer speichert und uns eine Nachricht schickt, akzeptiert ihr unsere Regeln zum Datenschutz und bei WhatsApp die Datenschutzrichtlinien von WhatsApp.