• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Zwei Wochen lang können die Mitglieder der SPD über den Koalitionsvertrag abstimmen – die Jusos lehnen ihn ab. Für Benedict Lang von den Jusos in Bayern ist der Vertrag ein "fauler Apfel". Was stört die Jusos und hält das die Koalition noch auf?

Die knapp 360.000 SPD-Mitglieder haben zwei Wochen Zeit, sich den mit der CDU/CSU vereinbarten Koalitionsvertrag durchzulesen und zu entscheiden, ob sie dem zustimmen wollen oder nicht. Stimmt die Mehrheit zu, ist der Weg frei für eine Koalition mit der Union.

"Für viele Jusos ist der Koalitionsvertrag ein Apfel, der von innen fault."
Benedict Lang, Landesvorsitzender der Jusos in Bayern

Die Jusos – die Jungsozialisten – sind rund 70.000 Mitglieder stark und die Jugendorganisation der SPD. Sie haben angekündigt, dass sie dem Vertrag mehrheitlich nicht zustimmen werden. "Ich persönlich werde den Koalitionsvertrag ablehnen", sagt Benedict Lang, Landesvorsitzender der Jusos in Bayern. Seine Begründung: "Wir glauben, dass er in zentralen Fragen leider nicht die Antwort liefert, die es eigentlich jetzt bräuchte in den nächsten vier Jahren."

Jusos fordern soziale Gerechtigkeit

Eine dieser zentralen Fragen ist für ihn, wie die AfD und Rechtsextremismus in Deutschland zurückgedrängt werden können. Die Politik, die nun vorgestellt wird, würde dazu nicht beitragen. Eine wichtige Maßnahme wäre, die Ungleichheit abzubauen: "Wenn man sich anschaut, dass zwei Familien in Deutschland mehr Vermögen haben als die Hälfte der Bevölkerung, dann ist dieses Ungerechtigkeitsgefühl ja auch nicht unbegründet", argumentiert Benedict Lang.

Statt für sozialen Ausgleich zu sorgen, gingen die Debatten in der Politik um Geflüchtete und Bürgergeldempfänger, die angeblich Schuld an der Ungerechtigkeit hätten. "Und genau diesen Geist atmet auch der Koalitionsvertrag", sagt der Juso.

Aber auch Vereinbarungen wie die Aussetzung des Familiennachzugs, die jetzt im Koalitionsvertrag steht, sei vor Jahren noch alleinige Forderung der AfD gewesen.

"Wir als Jusos sind der Meinung, dass man rechte Politik nicht dadurch kleiner macht, dass man deren Forderungen übernimmt."
Benedict Lang, Landesvorsitzender der Jusos in Bayern

Um die Zustimmung für die AfD wieder zurück auf demokratische Parteien zu lenken, müssten sich diese klar von der AfD und rechtsextremen Positionen abgrenzen und stattdessen die Gerechtigkeitsfrage in den Blick nehmen. Für die Menschen müsste es spürbar gerechter zugehen, sodass es ihnen dann besser gehe, meint Benedict Lang. Aber das sieht er im Koalitionsvertrag nicht erfüllt.

Zwar habe die SPD einige Punkte bei den Koalitionsverhandlungen für sich verbuchen können, aber man könnte jetzt beispielsweise den 15-Euro-Mindestlohn nicht gegen die Abweisung von Asylsuchenden an den Grenzen gegeneinander aufwiegen, "weil die Politik, die wir machen, konkrete Auswirkungen auf das Leben von Menschen hat".

Jusos hoffen auf Nachverhandlungen

Auch die Besetzung von sieben Ministerposten mit SPD-Politiker*innen gewährleiste noch nicht, dass diese genau die Politik machen, die die AfD wieder zurückdrängt, gibt Benedict Land zu bedenken.

Diese Bedenken bezüglich des Koalitionsvertrags würden aber nicht bedeuten, dass die Jusos grundsätzlich gegen eine Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD wären. Aber: "Wir sind sehr klar, dass wir in einigen bestimmten Punkten Nachverhandlungen wollen", sagt Benedict Lang.

Ablehnung des Koalitionsvertrags eher unwahrscheinlich

Grundsätzlich geht die Tendenz in der SPD aber Richtung Zustimmung, sagt Frank Capellan aus dem Deutschlandradio-Hauptstadtstudio. Für Nachverhandlungen, wie sie sich die Jusos wünschen, sieht er keinen Spielraum. In der SPD-Spitze rechne man mit einer Zustimmung der Mitglieder, auch wenn die Jusos ausscheren.

Sie sieht sich in der Regierungsverantwortung mit der Union, erklärt Frank Capellan. Die außenpolitischen Herausforderungen seien riesig: "Man braucht jetzt schnell eine handlungsfähige Regierung", sagt Frank Capellan. Außerdem fürchte die SPD-Spitze, dass die AfD noch stärker werden könnte, sollten die Koalitionsverhandlungen platzen.

Die SPD-Parteispitze glaubt, gut verhandelt und wichtige Politikziele im Vertrag verankert zu haben:

  • 15-Euro-Mindestlohn
  • Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren
  • Sieben Ministerposten

Frank Capellan hält der Kritik der Jusos an der Migrationspolitik, wie sie nun im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, entgegen, dass in der Vergangenheit Fehlentwicklungen in dem Bereich nicht rechtzeitig bearbeitet wurden und sie Ängste und Sorgen von Bürger*innen nicht ernst genommen hätten. Jedenfalls seien die Koalitionäre jetzt überzeugt davon, dass ihre Koalitionsvereinbarungen die richtigen Maßnahmen seien, um die AfD zurückzudrängen.

Allerdings hat der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz verschiedene Vereinbarungen schon wieder infrage gestellt wie den Mindestlohn. Das wiederum hat zu Diskussionen geführt, die den Eindruck erwecken, dass so weiter gestritten wird wie während der Ampelregierung. Und davon würde die AfD als Partei am meisten profitieren, meint Frank Capellan.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

  • Unboxing News
  • Moderatorin: Rahel Klein
  • Gesprächspartner: Benedict Lang, Vorsitzender Jusos Bayern