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Hunde und Katze gehören zu unseren Familien, Schweine eher nicht. Wir stufen Tiere in unterschiedliche Kategorien ein und unterscheiden unter anderem Haus-, Wild-, Nutz- und Versuchstier voneinander. Dabei offenbare das Verhältnis zu Tieren vor allem etwas über uns, sagt der Soziologe Marcel Sebastian. Und es gebe Tiere, die in kein festes Schema passen würden.

"Das Kaninchen ist eigentlich überall einzuordnen‘, sagt der promovierte Soziologe Marcel Sebastian. "Kaninchen gibt es als Wildtier, als Zootier und Haustier. Es gibt es aber auch als Nutztier, weil es ja Kaninchenfleisch gibt."

Wie genau unser Verhältnis zu verschiedenen Tieren ist, verändert sich dabei über die Jahrhunderte immer wieder. Hund und Katze gehören zwar heute zu den engsten Freunden der Menschen, das war aber nicht immer so.

Im Mittelalter gehörten zum Beispiel auch Hunde zu den Tieren, die geschlachtet wurden. "Auch die ökonomische Funktion von Pferden als Last- und Nutztier ist deutlich zurückgegangen."

"Mit dem Beginn der Moderne haben wir bestimmte Tiere als Subjekt wahrgenommen, als 'du', und auch entsprechend behandelt."
Marcel Sebastian, Soziologe

Manche Tiere haben wir aus dem Mittelalter mitgenommen in die städtischen Wohnungen. Die einen haben einen Platz auf dem Sofa, andere haben einen Platz im Stall, sagt Soziologe Marcel Sebastian. Die Beziehungsebene zu den Menschen sei partnerschaftlicher geworden. Anders sieht das allerdings zum Beispiel bei Küken aus. Dabei sei die Debatte um den Tierschutz gerade für Nutztiere in den vergangenen Jahrzehnten deutlich intensiver geworden, sagt Marcel Sebastian.

"Ich würde gerne mit einem Hund zusammenleben. Wenn ich das Tier allerdings hätte, dann hätte ich auch einen Anspruch an mich, den ich mit meinem Lebensstil nicht erfüllen kann."
Marcel Sebastian, Soziologe

Eine weitere wichtige Veränderung: Wir würden heute mehr über Tiere und ihre Wahrnehmung wissen als früher. Außerdem würden auch ökologische Krisen unser Bewusstsein für das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren verändern.

Erkenntnisse über Tiere beeinflussen unser Verhältnis zu ihnen

Damit meint Marcel Sebastian sowohl Zoonosen, also zum Beispiel Krankheiten wie Covid 19, deren Erreger von Tieren auf Menschen übertragen werden. Und die Auswirkungen der Tierhaltung auf den Klimawandel, etwa durch den umfassenden Anbau von Tierfutter. All diese Faktoren würden den Blick auf Tiere beeinflussen.

Seine Erkenntnisse hat Marcel Sebastian in einem Buch aufgeschrieben: "Streicheln oder schlachten. Warum unser Verhältnis zu Tieren so kompliziert ist – und was das über uns aussagt". "Wir streiten darum, wo welche Grenzen zu ziehen sind", so Marcel Sebastian.

"Es gibt dieses tolle Zitat: Die Wurst ist die Zigarette der Zukunft. Es gibt eine Tendenz zur Fleisch-Scham."
Marcel Sebastian, Soziologe

Für seine Doktorarbeit hat der Soziologe unter anderem Interviews mit Menschen geführt, die in Schlachthöfen arbeiten. "Im Schlachthof kann Tierschutz auch bedeutet, ein Tier nicht noch mehr zu quälen als unbedingt notwendig", sagt Marcel Sebastian. "Das ist ein Begriff von Tierschutz, der vielen anderen nicht einfallen würde."

Im "Deep Talk" spricht der Soziologe Marcel Sebastian über unser Verhältnis zu Tieren, was Fleischkonsum mit dem Patriarchat zu tun hat und welches Tier er unbedingt mal sehen will.

Wir freuen uns über eure Mails an mail@deutschlandfunknova.de

Empfehlungen aus dem Beitrag:
  • Dr. Marcel Sebastian: Streicheln oder schlachten. Warum unser Verhältnis zu Tieren so kompliziert ist – und was das über uns aussagt. 2022.
Shownotes
Soziologe Marcel Sebastian
"Wir haben noch nie so heftig über Tiere gestritten"
vom 09. November 2022
Moderation: 
Sven Preger
Gesprächspartner: 
Marcel Sebastian, Soziologe