Zwischen dem 23. und 26. Mai 2019 finden Europawahlen statt. Für Soziale Netzwerke heißt das: Der Kampf gegen potenzielle Wahlbeeinflussung durch gezielte Desinformation und Propaganda geht in die heiße Phase.
Die EU-Kommission setzt sich schon länger ein im Kampf gegen Falschinformationen und gezielte Propaganda. Jetzt wurde die erste von mehreren Social-Media-Untersuchungen veröffentlicht. Das Ergebnis: Facebook, Google und andere Soziale Netzwerke bemühen sich zwar im Kampf gegen Desinformation oder versteckter Werbung, aber das reicht der EU-Kommission nicht. Sie bemängelt vor allem die Geschwindigkeit, mit der die Konzerne gegen Falschmeldungen und verdeckte Wahlwerbung kämpfen.
Die vier großen Internet-Plattformen hatten sich im vergangenen Jahr mit der EU auf freiwilliger Basis verständigt, stärker gegen Falschinformationen vorzugehen. Die EU-Kommission kritisiert allerdings, dass die Unternehmen eine Überprüfung von außen nicht akzeptieren wollen. Auch an Google richtet sich die Kritik, weil Instrumente zum Kampf gegen Falschinformationen nur in manchen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden.
Kaum strafrechtliche Möglichkeiten
Um den Forderungen der EU zu entsprechen, hat Facebook inzwischen angekündigt, Anfang Februar in Dublin einen "war room" einzurichten. In dieser Zentrale sollen Teams in Echtzeit Daten erhalten, mit denen potenzielle Brandherde um Falschmeldungen und Propaganda-Attacken sichtbar werden.
Klingt erst mal super, aber da ist auch viel PR dahinter, gibt Netzreporter Andreas Noll zu bedenken. Denn nach eigenen Angaben hat der Konzern 30.000 Mitarbeiter, die gegen gezielte Desinformationen vorgehen sollen - weltweit. Die sehen sich einer Zahl von Hunderttausenden Konten gegenüber, mit denen politische Desinformationskampagnen auf Facebook vorangetrieben werden. Der "war room" soll vor allem die bestehenden Teams besser vernetzen. Das ist aber keine Garantie dafür, dass diese Teams auch schneller handeln können.
"Letzten Endes werden die Unternehmen ja kaum weiter gehen können, als die betreffenden Accounts zu sperren."
Das Problem im Kampf gegen Accounts, von denen Falschinformationen und politische Wahlkampagnen verbreitet werden: Es ist schwer, sie dauerhaft aus den Netzwerken fernzuhalten. Denn mehr, als den jeweiligen Account zu sperren, können die Unternehmen am Ende nicht tun.
Und dann stellt sich auch immer die Frage, ab wann es sich um Propaganda oder gezielte Desinformation handelt und wie das Vorgehen mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu vereinbaren ist. Einfache Lösungen sind da praktisch unmöglich.
Versuch, Transparenz herzustellen
Ein sehr sichtbares Tool, das Facebook ab Ende März anbieten möchte, um zumindest politische Anzeigen kenntlich zu machen, ist ein Hinweis, wer für eine Anzeige bezahlt hat. Aber auch die andere Seite wird nach Möglichkeiten suchen, das zu umgehen. Denn, sagt Netzreporter Andreas Noll, es ist kaum denkbar, dass unter einer bestimmten Anzeige zum Beispiel steht: Auftraggeber Kreml.
Im Übrigen hat auch die EU eine eigene Abteilung, die bewusst nach Falschinformationen und politischen Kampagnen fahndet. Das Budget für diese Eingreiftruppe soll in diesem Wahljahr sogar auf mehrere Millionen Euro aufgestockt werden. Allerdings handelt es sich dabei um gerade einmal 14 Mitarbeiter. Mitte des Jahres könnten es dann 20 sein.
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