Einsame Menschen sind weniger produktiv. Der ökonomische Schaden, den Einsamkeit und ihre psychischen Folgen anrichten, ist nicht exakt zu beziffern. Einige Zahlen gibt es aber doch. Und begünstigende Faktoren auch.
Bei Einsamkeit denken wir oft an alte Menschen. Und ja, es gibt viele einsame alte Menschen, zu viele. Aber junge auch. Das zeigt das Einsamkeitsbarometer. Darin wird dreißig Jahre zurückgeschaut, auf die Jahre 2005 bis 2022. Demnach fühlt sich jeder vierte Mensch unter 30 regelmäßig einsam.
Einsamkeit ist kein individuelles Problem. Im Gegenteil. Inzwischen geht man sogar davon aus, dass Einsamkeit sich in einem nicht ganz zu unterschätzenden Anteil sogar auf die Wirtschaft auswirkt.
Risikofaktoren: Arbeitslosigkeit und Care-Arbeit
Denn beim Thema Einsamkeit geht es auch um soziale Teilhabe, also darum, Freund*innen zu treffen oder auf Events zu gehen, erklärt DLF-Nova-Wirtschaftsreporter Gregor Lischka. Doch um das zu tun, müssen wir Geld haben. Das heißt also: Wer weniger Geld hat, droht schneller zu vereinsamen.
"Menschen, die wenig verdienen, haben ein höheres Risiko, einsam zu sein."
Die eigene wirtschaftliche Situation hängt natürlich davon ab, ob wir regelmäßig arbeiten gehen, führt Gregor Lischka weiter aus. Im Job verdienen wir Geld, das uns ermöglicht, an Unternehmungen mit anderen Menschen teilhaben zu können. Arbeit ist aber auch ein Ort sozialer Kontakte und zwischenmenschlicher Beziehungen. Doch auch wer durch Care-Arbeit – sei es bei den Kindern oder zu pflegende Angehörigen – tagein, tagaus eingespannt ist, hat ein höheres Risiko einsam zu werden.
Das Phänomen der "einsamen Beschäftigten"
Und dann gibt es noch diejenigen, die trotz Arbeit einsam sind. Die sogenannten einsamen Beschäftigten. Zu ihnen forscht die britische Ökonomin Noreena Hertz. Sie sagt, dass Arbeitnehmer*innen, die in einem Unternehmen keine oder nur wenige Kontakte haben, weniger produktiv sind.
"Angestellte, die sich einsam fühlen, sind weniger engagiert, weniger produktiv und weniger loyal ihrem Unternehmen gegenüber."
Mit der Aussage, dass Einsamkeit ökonomische Schäden anrichtet, muss man vorsichtig sein, weil es dazu keine Zahlen gibt. Doch es gibt andere Zahlen, die Rückschlüsse zulassen.
"Fehltage durch psychische Krankheiten haben sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland verdoppelt."
Feststeht, dass Einsamkeit psychische Erkrankung (mit)verursacht. Bereits vor der Pandemie bezifferte die EU diese für alle Mitgliedstaaten auf rund 600 Milliarden Euro pro Jahr, also etwa vier Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts. In Deutschland sind psychische Erkrankungen mittlerweile die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Frühverrentung. Die Folge sind belastete Sozialversicherungssysteme.
Ob Wohlfühloffices die Lösung sind?
Eine übergreifende Lösung für die „einsamen Beschäftigten“ hat die Wirtschaft nicht. Manche Unternehmen versuchen den sozialen Faktor quasi vorzugeben, indem sie nach dem pandemiebedingten Dauer-Homeoffice eine Präsenzpflicht einführen. Andere warten mit Angeboten zum Thema mentale Gesundheit auf, setzen auf Wohlfühl-Büros oder Teamevents.
Wie viel das letztendlich bringt, ist noch nicht abschätzbar, sagt Gregor Lischka. Fest steht für ihn aber, dass das andere Extrem, also die Verkleinerung von Büroräumen und das dauerhafte Ausquartieren von Mitarbeiter*innen ins Homeoffice, um Miete, Strom und Equipment zu sparen, kein kluger Move sein kann angesichts des Ausmaßes, die Vereinsamung auch unter Arbeitnehmer*innen hat.