Ängste und unbewusste Vorurteile prägen die Arbeit von Ausländerbehörden, sagt Souad Lamroubal. Mit dieser Arbeit hat sie gleich doppelt Erfahrung.
Den Schreibtisch in der Ausländerbehörde kennt sie von beiden Seiten. Souad Lamroubal hat als Kind ihren Vater zum Amt begleitet und übersetzt. Von 2006 an hat sie jahrelang selbst in der Ausländerbehörde gearbeitet.
Begründete Behördenkritik
Heute kritisiert sie aus ihrer Erfahrung heraus behördliche Strukturen und sagt: "Für die einen heißt es Ausländerbehörde, für die anderen Rausländerbehörde." Ihre Kritik begründet sie auch damit, dass jene Menschen, die sich eigentlich wehren sollten, zu viel Angst haben, kritische Punkte anzusprechen. In ihrem Buch " Yallah Deutschland, wir müssen reden!" formuliert sie diese Positionen aus.
"Wir haben eine Mitarbeiterschaft, der man anmerkt: Sie sind vielleicht nicht immer daran interessiert, zugunsten der Menschen zu entscheiden."
Sie empfindet den allgemeinen Umgang mit Migration als problematisch. In der Behörde werde Migration mit Gefahrenabwehr in Verbindung gebracht und mit dem Ordnen, Sortieren, Kontrollieren und Reduzieren. Sie sagt: "Wir sprechen definitiv von keiner Willkommensbehörde." Der Ton sei immer sehr, sehr hart.
Spuren der Hilflosigkeit
Souad Lamroubal beschreibt die Ausländerbehörde als einen Raum, den Menschen meiden, weil sie Angst haben. Auch wenn Mitarbeitende der Ausländerbehörden einen gewissen Ermessensspielraum haben, sind die Rahmenbedingungen klar: "Am Ende musst du dich als allererstes an die gesetzlichen Vorgaben halten."
Ein Motiv für Souad Lamroubals Laufbahn sind die Spuren, die die Überforderung durch die Begleitungs- und Übersetzungsarbeit in der Kindheit hinterlassen haben. Diese Hilflosigkeit, die sie in der Kindheit hatte, will sie nicht wieder fühlen.
"Wenn man einmal die Hilflosigkeit der Eltern mitkriegt und sich als Kind auch selbst hilflos fühlt, dann möchte man das nie wieder erleben."
Souad Lamroubal ist heute auch Dozentin am Studieninstitut für öffentliche Verwaltung und lehrt dort die Fächer Interkulturelle Kompetenz, Soziale Kompetenzen und Kommunikation. Bei der Auswahl gäben sich die Ämter zwar die größte Mühe, interkulturelle Kompetenzen oder das Thema Rassismus komme in den Einstellungstest allerdings kaum vor.
Im Gespräch mit Sebastian Sonntag beschreibt Souad Lamroubal außerdem detaillierter das Zwei-Klassen-System der Geflüchteten, spricht über die Silvesterereignisse in Köln 2015 und die Folgen und darüber, wie sich Ängste mit Humor verbinden können.