Ein Start-up aus den USA möchte Sonnenlicht mithilfe von Satelliten nachts zur Erde reflektieren. Ziel ist es, Solarenergieparks mit zusätzlichem Licht zu versorgen. Eine Idee mit Zukunft oder ein Flop mit Ansage?
Die Idee klingt einfach: Spiegel in Satelliten sollen Sonnenlicht zur Erde lenken, um die Energieproduktion in Solarparks auch in der Dämmerung oder nach Sonnenuntergang zu steigern. Die Spiegel sollen aus leichter, reflektierender Folie bestehen, ähnlich wie Rettungsdecken.
Die Satelliten müssten auf speziellen Umlaufbahnen kreisen, um das Sonnenlicht zur Erde zu reflektieren, was jedoch nur in der Dämmerung – also kurz vor Sonnenaufgang oder kurz nach Sonnenuntergang – möglich sei, sagt Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Michael Büker. Denn nur dann stehe die Sonne dafür im richtigen Winkel, und um einen Effekt zu erzielen, müssten es viele Satelliten geben.
"Diese Satelliten sollen auf speziellen Umlaufbahnen kreisen und das Sonnenlicht zur Erde reflektieren. Allerdings funktioniert das nur in der Dämmerung."
Büker weist zudem darauf hin, dass solche Satelliten bisher nicht existieren. Das im Internet kursierende Werbevideo des Start-ups zeige seiner Einschätzung nach höchstwahrscheinlich einen Ballon oder eine Drohne, die das Sonnenlicht reflektieren – und nicht Satelliten.
Selbst wenn die fraglichen Satelliten bereits im All wären, könnten sie Sonnenlicht an einem bestimmten Ort der Erde nur für wenige Minuten pro Tag reflektieren, erklärt der Astrophysiker.
Alte Idee, neuer Ansatz
Das Konzept, Licht aus dem Weltall zur Erde zu lenken, ist nicht neu. Büker berichtet von früheren Versuchen, etwa mit einem russischen Frachtraumschiff im Jahr 1993. Dieses war mit einem faltbaren Spiegel ausgestattet, der für kurze Zeit einen Lichtpunkt erzeugte.
"Damals wurde ein 20 Meter großer Spiegel entfaltet, der für einige Minuten einen Lichtpunkt erzeugte, der sich von Frankreich bis nach Belarus bewegte – etwa so hell wie der Vollmond."
Auch in China gab es 2018 Pläne, mithilfe von Satelliten einen "künstlichen Mond" zu erschaffen, der nachts Städte beleuchten sollte. Doch diese Idee wurde nie umgesetzt.
Wirtschaftlichkeit und Alternativen
Das Start-up bewirbt die Idee, dass reflektiertes Sonnenlicht Solarparkbetreibern helfen könnte, in der Dämmerung mehr Energie zu erzeugen und zu höheren Preisen zu verkaufen.
Doch Astrophysiker Michael Büker sieht das kritisch. Er erklärt, es gäbe praktikablere Alternativen für Solarparkbetreiber zu Spitzenzeiten mehr Energie zu erzeugen: Batteriespeicher. Zudem sinken die Kosten für Lithium-Ionen-Batterien kontinuierlich.
"Die Firma behauptet, Batteriespeicher seien zu teuer und ungeeignet. Das ist schlicht falsch."
Büker glaubt nicht, dass Solarparkbetreiber für ein paar Minuten zusätzliches Licht aus dem All bezahlen würden, wenn günstigere und einfachere Lösungen wie Akkus zur Verfügung stehen.
"Ich persönlich glaube nicht, dass reflektiertes Sonnenlicht aus dem Orbit wirtschaftlich sinnvoll ist, wenn man auch einfach Akkus hinstellen kann."
Zudem müssten auch Auswirkungen auf die Umwelt und nachtaktive Tiere geprüft werden.