20.000 Soldatinnen und Soldaten fehlen der Bundeswehr. Wenn es nach Boris Pistorius geht, sieht der neue Wehrdienst so aus: Alle 18-Jährigen bekommen Post vom Amt. Männer können verweigern, Frauen können sich die Antwort sparen. Die Pläne im Detail.
Boris Pistorius (SPD) hat sein Konzept eines neuen Wehrdienstes vorgestellt. Seit 2011 ist der verpflichtende Grundwehrdiensts bei der Bundeswehr ausgesetzt. Der Bundesverteidigungsminister will die Landes- und Bündnisverteidigung stärken. Er will der anhaltenden Personalschwäche der Bundeswehr und der wachsenden militärischen Bedrohung durch Russland begegnen. Sein Ziel lautet bekanntermaßen: "Wir müssen kriegstüchtig werden."
Das Modell von Boris Pistorius setzt mehr auf den freien Willen als auf die Pflicht. "Man hofft darauf, dass man Freiwillige findet, und zwar ausreichend", sagt Bianca Schwarz. Sie arbeitet für das Hauptstadtstudio des Deutschlandfunks und war bei der Pressekonferenz des Verteidigungsministers am 12. Juni 2024 dabei.
Ein Pflichtfragebogen für Männer
Nach den Plänen des Ministers werden Frauen und Männer bei Erreichen des wehrfähigen Alters – in der Regel zum 18. Geburtstag – angeschrieben. Männer werden aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen. Sie sind verpflichtet, ihn zu beantworten und zurückzusenden. Bei Frauen ist die Rücksendung freiwillig. Auch deswegen spricht Boris Pistorius von einem neuen Wehrdienst mit verpflichtenden Elementen.
"Die Männer müssen dann einen Fragebogen beantworten. Und dann entscheidet wieder die Bundeswehr."
Vor der Musterung trifft die Bundeswehr eine Auswahl: Sie prüft die zurückgesandten Fragebögen und fordert Leute, die besonders geeignet und motiviert für einen Wehrdienst erscheinen, zur verpflichtenden Musterung auf. Die Auswahl soll laut Verteidigungsministerium nach Qualitätskriterien erfolgen. Die Ausgewählten sollen dann, wenn sie wollen, sechs Monate Grundwehrdienst leisten. Dieser kann freiwillig um bis zu 17 Monate verlängert werden.
Verpflichtung von Frauen erfordert Grundgesetzänderung
Das Grundgesetz beschränkt eine Verpflichtung zum Dienst in den Streitkräften in Artikel 12a ausdrücklich auf Männer. Eine solche Ungleichbehandlung erscheint vielen heute nicht mehr zeitgemäß. Für eine Angleichung müsste aber das Grundgesetz geändert werden – ein aufwändiger Prozess, den Boris Pistorius vor der Bundestagswahl 2025 nicht mehr angehen möchte.
"Ich kann mir gut vorstellen, dass das in der Form kommt. Weil gewährleistet ist, dass, wer nicht möchte, nicht zum Dienst an der Waffe gezwungen wird."
Mit der Reform will Pistorius vor allem die Zahl der Reservist*innen erhöhen. Sie verfügen dann über eine Grundausbildung und können im Bedarfsfall eingezogen werden. Rund 200.000 neue Reservist*innen will der Minister durch die Reform ausbilden. Auch die Zahl der aktiven Soldaten soll auf rund 200.000 steigen. Momentan sind es etwa 181.000.
Ziel: 5000 Rekruten im Jahr
Ab 2025 will Boris Pistorius zusätzlich zu den aktuell rund 10.000 freiwillig Wehrdienstleistenden jährlich bis zu 5000 neue Wehrdienstleistende ausbilden. Diese Zahl soll dann nach und nach steigen. Der Verteidigungsminister rechnet mit Kosten von rund vier Milliarden Euro in den kommenden Jahren, berichtet Bianca Schwarz.
"Pistorius hat erstmal den Verteidigungsausschuss informiert. Er hat also noch nicht mal einen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir sind wirklich noch in einem ganz frühen Stadium."
Es gibt übrigens noch nicht Mal einen Gesetzesentwurf – wann und wie genau die Änderungsvorschläge in die Praxis umgesetzt werden, steht also noch in den Sternen.
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