Was wissen Parteien über uns, wie nutzen sie unsere Daten und welche Folgen hat das? Der Kommunikationswissenschaftler Simon Kruschinski erklärt in seinem Vortrag, wie Big Data und KI gezielt politisch eingesetzt werden.
Aus den USA ist uns das bekannt: Die politischen Parteien nutzen digitale Daten der Wahlbevölkerung, um gezielt politische Werbung an sie zu richten – sei es digital oder auch direkt an der Haustür. Microtargeting nennt sich diese Strategie.
Datengestützte Kampagnen beeinflussen Wahlverhalten
Aber nicht nur Trump und Co. nutzen entsprechende Technologien, auch hierzulande machen sich die Parteien Big Data und KI längst zunutze, um uns zu beeinflussen – nicht nur die AfD, wenn sie derzeit auch mit ihren datengestützten Kampagnen in den Sozialen Medien am erfolgreichsten ist.
"Ihr Verhalten ist ganz spezifisch auf diesen sozialen Netzwerkseiten. Und das bedeutet: Facebook registriert, wie Sie sich verhalten, welche Seiten Sie klicken, was für einen Freundeskreis Sie haben."
Die Debatte um den Dateneinsatz in politischen Kampagnen ist wichtig, weil sie auch demokratietheoretische Fragen aufwirft. Sie rutscht aber oft ins Extreme ab, beobachtet der Kommunikationswissenschaftler Simon Kruschinski – insbesondere seit dem verstärkten Einsatz von KI.
Sind die mitunter alarmierenden Warnungen gerechtfertigt? In seinem Vortrag erklärt er sachlich und anhand empirischer Daten den aktuellen Status Quo datengestützter politischer Kampagnen in Deutschland.
"Deutschland ist eines der wenigen Länder, die diese Targeting-Möglichkeiten zielgerichtet einsetzen."
Unter anderem erklärt Kruschinski, welche technischen Möglichkeiten die Social-Media-Plattformen den politischen Playern bieten. Und wie die Parteien diese nutzen können – etwa, indem sie gezielt Werbebotschaften nur ganz bestimmten Personen an ganz bestimmten Orten ausspielen.
Welche Partei nutzt welche Daten?
Zudem stellt er Untersuchungen vor, die verdeutlichen, wie genau welche Parteien in Deutschland Daten nutzen. Das passiert noch verhältnismäßig wenig, sagt er – aber die Social-Media-Plattformen haben große Bestrebungen, das auszubauen und dabei möglichst wenig reguliert zu werden.
"In Europa nutzen die Wahlkämpfer diese Möglichkeiten nur sehr rudimentär – und nur in Ausnahmefällen intensiv."
Zentrale Fragen bei all dem:
- Welche Daten haben Parteien tatsächlich von uns?
- Wie setzen sie diese ein?
- Welche Technologien verwenden sie dabei?
- Warum machen sie das und mit welchem Ergebnis?
- Nicht zuletzt: Was bedeutet das für die Demokratie? Welche politische Macht haben Social-Media-Plattformen damit und künftig?
- Und: Welche Konsequenzen sollten wir daraus ziehen?
"Medienpädagogische Aufklärungsmaßnahmen sind sowohl für jüngere Alterskohorten als auch für ältere und mittlere Alterskohorten extrem wichtig."
Simon Kruschinski ist promovierter Kommunikationswissenschaftler und Postdoktorand am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Außerdem leitet er seit Januar 2024 das DFG-geförderte Forschungsprojekt "Politisches Online-Microtargeting im Kontext der Europawahl 2024". Sein Schwerpunkt in Forschung und Lehre ist der Einsatz und die Wirkung strategischer Kommunikation in politischen Kampagnen mit Fokus insbesondere auf Medien, Technologien und Daten und wie wir damit beeinflusst werden.
Seinen Vortrag mit dem Titel "Social Media, Big Data & Künstliche Intelligenz. Wie uns Parteien mit Daten und Technologien manipulieren" hat er am 14. Dezember 2023 im Rahmen des Colloquium Fundamentale gehalten. Diese Reihe organisiert das Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale (ZAK) am Karlsruher Institut für Technologie. Im Wintersemester 2023/24 ging es dabei um Politische Informationen im digitalen Zeitalter.