Experten versuchen mit Hochdruck die Folgen der verheerenden Ölkatastrophe bei Norilsk einzudämmen. Erschwert wird die Arbeit durch den Permafrostboden. Über die Besonderheit des Bodens haben wir mit dem Permafrostforscher Guido Grosse gesprochen.
Als Permafrostböden werden Böden bezeichnet, die länger als zwei Jahre gefroren sind. Solche dauergefrorenen Böden gibt es vor allem in der Arktis. Hier macht der Permafrostboden ungefähr ein Viertel der Landoberfläche aus, sagt Guido Grosse, Permafrostforscher am Alfred-Wegener-Institut.
Permafrostböden sind besonders empfindlich
Die Tundra, das ist der Boden auf dem Permafrost, und der Permafrost selbst, sind anfällig für Veränderungen, die beispielsweise durch schweres Gerät verursacht werden, sagt Guido Grosse. Das macht die Aufräumarbeiten nach der Umweltkatastrophe bei Norilsk so kompliziert.
"Das Problem bei den Aufräumarbeiten ist, dass die Tundra, der Boden auf dem Permafrost, und der Permafrost selbst sehr anfällig für Veränderungen und Zerstörung sind, die zum Beispiel durch schweres Gerät verursacht werden."
Wird beispielsweise durch schweres Gerät der Boden aufgerissen, kippt das Wärmegleichgewicht und die Vegetation kann geschädigt werden, sagt Guido Grosse. Ist das Wärmegleichgewicht des Bodens gestört, fängt der Permafrostboden an zu tauen. Bei Minusgraden im Winter seien solche Arbeiten zwar weniger problematisch, allerdings sei es dann deutlich schwieriger, den ausgelaufenen Kraftstoff aus Schnee und Eis zu entfernen.
Bei den Aufräumarbeiten müsse jetzt zwischen zwei Übeln abgewogen werden: die Schädigung des Permafrostbodens oder die Schändung der Natur durch den Treibstoff. Letztere sei deutlich gravierender. Welche Schäden die Natur dadurch erleide, werde sich in den nächsten Jahren zeigen. Es gebe sehr wenig Forschung darüber, wie man unter den schwierigen Bedingungen des Permafrosts die Folgen eines solchen Unglücks beseitigen könne. Befürchtungen, dass es zu einer solchen Treibstoff-Katastrophe in der Arktis kommen kann, gibt es schon lange.
Gute Ingenieurskunst kann viel verhindern
Der Betreiber des Kraftwerkes hat bekannt gegeben, dass für den Unfall auch der auftauende Boden verantwortlich sei. Tauenende Permafrotsböden sind eine Folge des Klimawandels. Dadurch sei der Untergrund abgesackt.
Mit solchen Schlussfolgerungen ist Guido Grosse sehr vorsichtig. Natürlich könne der Klimawandel und die Eisschmelze im Boden eine Rolle spielen und die Infrastruktur auf dem Boden beschädigen, allerdings könne gute Ingenieurskunst hier viel verhindern. Die Frage ist: Was ist genau vor Ort passiert und ist die Infrastruktur über die Jahre hin erhalten worden?
Fakt ist, dass der Permafrost in der gesamten Arktis auftaut. Vor allem für die letzten zwei Jahrzehnte hätten Bohrlochdaten das nachgewiesen, bestätigt der Forscher.
"Der Permafrost taut großräumig in der gesamten Arktis auf, vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten. Das haben Bohrlochdaten nachgewiesen."
Der Permafrost enthalte sehr viele Pflanzenreste und Tiere und damit viel Kohlenstoff, sagt Guido Grosse. Vorstellen können wir uns das wie eine große Gefriertruhe. Wenn diese geöffnet wird, schmilzt das Eis und Kohlenstoff wird freigesetzt. Mikroben und Bakterien sorgen dann dafür, dass er als Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt. Das ist heute schon messbar, sagt Guido Grosse.