In Berlin-Moabit öffnet die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in einem alten Kirchengebäude. Es soll eine Moschee sein für moderne und liberale Muslime, wünscht sich ihre Gründerin, die Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates.
Ates ist bisher nicht als Geistliche oder religiöse Frau aufgefallen, im Gegenteil. Sie trägt kein Kopftuch und hat sich schön häufiger mit Religionsvertretern angelegt. Ates hat sich zum Beispiel gegen Zwangsehen stark gemacht und für Frauen, die misshandelt wurden.
Ausbildung zur Imamin
Jetzt lässt Ates sich gerade zur Imamin ausbilden.
"Als mich die Verbände 2009 regelrecht aus der Islamkonferenz rausgeschmissen haben, habe ich beschlossen, eine eigene Moschee zu gründen."
Eigentlich wollte sie nur den organisatorischen Part übernehmen und Imaminnen und Imame für die religiösen Aufgaben gewinnen. In den acht Jahren, in denen sie sich mit ihrer Religion beschäftigt habe, sei ihr aber klar geworden, dass sie das selber machen möchte.
"Es gibt durchaus wunderbare, schöne Seiten am Islam, die sehr friedlich und warmherzig sind, die Liebe predigen."
Die Stellen, an denen explizit Gewalt thematisiert würde, müsse man einfach so stehen lassen, schlägt Ates vor. Sie stammten aus dem 7. Jahrhundert und man müsse sie nicht wiederholen - ähnlich, wie das in den anderen Religionen auch der Fall sei.
Die andere Moschee
Die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee - zur Zeit ist das nur ein einziger Raum - macht einige Dinge anders als herkömmliche Moscheen:
- Aleviten, Sunniten, Schiiten, Sufis werden diesen Raum teilen
- Es wird eine Imamin geben, die vorbeten und predigen wird
- Imame und Imaninnen predigen gemeinsam
- Männer und Frauen werden gemeinsam beten - jeder darf sich überall hinstellen. Aber: Auch wenn diese Moschee nur einen Raum hätten, würden die Männer dann meistens vorne und die Frauen hinten beten
"Die Religion nicht den Radikalen überlassen"
Ates will es nicht länger hinnehmen, dass die liberalen und moderaten Muslime - die friedliche Mehrheit, wie sie sie nennt - schweigend zuschaut, wenn radikale Terroristen im Namen der Religion Anschläge verüben.
"Das sind wahnsinnig gewordene, irre junge Männer, die Menschen, die andere Muslime in die Luft jagen, weil ihnen ihr Lebensstil zu frei ist."
Es sei die Verantwortung der liberalen Muslime, etwas dagegen zu tun. Das könne man nicht nur von der westlichen Öffentlichkeit erwarten.
Harte Kritik an Ditib
Dass Ditib, der größte Moscheeverband in Deutschland, bei der Demo nicht mitmachen will, die am Wochenende von Muslimen in Köln organisiert wird, sieht Ates sehr kritisch. Das Argument der Ditib, Muslime würde stigmatisiert und unter Generalverdacht gestellt, wenn von ihnen Protest gegen Terror verlangt wird, kann sie nicht verstehen.
"Das zeigt leider Gottes, so meine These, dass die Demokratie nicht unbedingt etwas ist, das diese Herren verstanden haben."
Sie finde es "traurig, dass die Ditib nichts dazu gelernt" habe. Ihrer Ansicht nach müsste sie viel mehr Verantwortung übernehmen.