Es ist ein riesiges Thema: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Seit der #metoo-Debatte bekommt es endlich die nötige Aufmerksamkeit. Aber was tun, wenn ihr selbst betroffen seid? Unsere Reporterin Grit Eggerichs hat sich umgehört.
In den vergangenen Wochen wurden in den USA einige Kündigungen ausgesprochen – wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Auch in Deutschland ist klar: Mitarbeiter dürfen wegen sexueller Belästigung gefeuert werden, sagt unsere Reporterin Grit Eggerichs. Allerdings muss dann die Beweislage klar sein – und hier beginnt oft das Problem.
In der Praxis sieht es so aus: Wenn ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin wegen sexueller Belästigung kündigt, muss er in einem Arbeitsschutzprozess genau darlegen und beweisen, dass ein Verstoß vorliegt - oder zumindest, dass er einen dringenden Verdacht hatte, erklärt die Arbeitsrechtlerin Sandra Flämig.
Verschiedene Eskalationsstufen
Wer andere sexuell belästigt, der wird in der Regel zunächst abgemahnt. Auf die Abmahnung könnte dann die Versetzung erfolgen. Und erst, wenn das alles nichts bringt, kann schließlich die Kündigung ausgesprochen werden. Der Hintergedanke: Schutz vor sexueller Belästigung ist extrem wichtig - aber natürlich hat auch der oder die Beschuldigte Rechte.
Vor zwei Jahren hat ein Arbeitgeber in Berlin einen Manager wegen sexueller Belästigung fristlos gekündigt, der dann dagegen geklagt hat - und auch Recht bekommen hat. Die Folge: Der Mitarbeiter musste wieder eingestellt werden. In diesem Fall lag das am Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG). Dort ist festgehalten: Der Arbeitgeber muss bei Vorwürfen feststellen, was passiert ist und darf nicht einfach den Stecker ziehen.
"Auf der einen Seite haben Sie den oder die Betroffene, die sagt: 'Ich bin sexuell belästigt worden.' Und auf der anderen Seite wird jemand dessen bezichtigt - und den muss man gegebenenfalls auch schützen."
Kurz: Es muss aufgeklärt werden, ob an den Vorwürfen etwas dran ist. Und das kann sehr schwierig sein. Als erster Schritt hilft ein Blick in die Broschüre der Antidiskreminierungsstelle des Bundes. Ein Tipp, der dort zu finden ist: Ein Gedächtnisprotokoll kann helfen festzuhalten, was passiert ist.
Ein Prozess macht Details öffentlich
Arbeitsrechtlerin Sandra Flämig fragt als Erstes nach der Beweislage, wenn sich Klientinnen oder Klienten am Arbeitsplatz belästigt fühlen. Denn jeder oder jedem sollte klar sein: Ein solcher Prozess ist für Betroffene sehr schlimm, so die Anwältin. Und was auch nicht vergessen werden dürfe: In Gerichtsverhandlungen werden Details öffentlich besprochen.
"Wenn man sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht wirklich beweisen kann, dann wird es noch schlimmer für den oder die Betroffene."
Wenn zu Unrecht beschuldigt wurde
Und was ist mit Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern, die sich zu Unrecht der sexuellen Belästigung beschuldigt fühlen? Hier rät die Anwältin zur Vorsicht im Büroalltag. Zum Beispiel, nicht mehr mit der Person, die sie beschuldigt hat, alleine Aufzug zu fahren oder bei Vieraugengesprächen die Tür offen zu lassen.
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