Bisher galt in der Werbung: Unternehmen und Produkt immer schön positiv darstellen. Ein neuer Werbetrend sägt allerdings an diesem Bild. Jetzt gibt es Selbstironie satt - und das ziemlich erfolgreich.
Werbung muss unterhalten, das haben Werber mittlerweile gecheckt. Denn Werbespots blenden wir am liebsten aus oder machen in der Zeit etwas anderes, wenn wir ihr nicht aus dem Weg gehen können. "Da hat sich quasi ein Abwehrmechanismus etabliert", sagt Anna Schneider, Wirtschaftspsychologin an der Hochschule Fresenius. Auf eine Sache setzte klassische Werbung bisher dennoch: Unternehmen und Produkt immer schön positiv darstellen. Jetzt sägt ein Werbetrend an dieser Vorstellung.
Ein Unternehmen wie ein lustiger Kumpel
Werbung ist längst nicht mehr der eine aufwändig produzierte Kinospot, sondern eingebettet in den Kontakt via Social Media. "Schafft es eine Marke hier konstante Botschaften zu senden, wirkt sie am Ende gar als Freund", sagt Anna Schneider. Im besten Fall auch noch wie ein lustiger Freund. So auch bei der "Weil-wir-dich-lieben"-Kampagne der BVG, den Berliner Verkehrsbetrieben. Sie nimmt die schnodderige Art Berliner Busfahrer ebenso auf die Schippe wie generelle Probleme mit dem Nahverkehr: Verspätungen und Co.
Der Trick bei dieser Art von Werbung: Man nehme ein Fünkchen Wahrheit und überzeichne sie. So fühlen sich die Kunden (und Zuschauer) verstanden. Das Unternehmen zeigt anstatt der großen Lobhudelei ein Stück weit ehrlich seine Schwächen.
"Es gibt immer die, die es nicht lustig finden. Und sagen: Steckt euer Geld in besseren Service und nicht in die Werbung. "
Und Lachen lockert schließlich selbst angespannte Verhältnisse auf. Wichtig bei dieser Art der Kommunikation ist aber die Balance zu halten zwischen Ironie und Ansehen des Unternehmens. Und natürlich die entscheidende Message nicht zu vergessen. Etwa die Super-Preise. Auf diese Weise versuchte es auch Lufthansas günstige Sparte Eurowings, indem sie klassische epische Fluglinienwerbung aufs Korn nahm.
Mit dieser Art der Werbung zielen die Unternehmen übrigens vor allem auf jüngere Zielgruppen, so Anna Schneider. Die älteren bevorzugen nämlich immer noch informative Werbung. Insofern ist der aktuelle Spot von Starregisseur Spike Jonze für ein Luxuslabel vermutlich nichts für sie. Er stellt den Bruch mit den Erwartungen ganz nach vorne. Sehen wir hier zunächst schöne, reiche Leute in Luxusroben, kommt es anders. Schauspielerin Margaret Qualley arbeitet sich aggressiv tanzend, zuckend und Grimassen schneidend durch den Clip.
Am Ende drückt Selbstironie auch Selbstbewusstsein aus. Wir können uns das leisten, sagt die selbstironische Werbung. Allerdings nur bis zum nächsten Werbetrend.