Schweizer Bauern wie Andreas Huber setzen auf kleinere Kühe: Sie sind robuster und trotzdem produktiv und passen bessere in die kleinen Ställe.
Ganz lange war das Schönheitsideal bei Kühen "Big is beautiful". Inzwischen kommen immer mehr Schweizer Bauern davon ab. In der Milchproduktion ging es darum, möglichst viel Milch zu erzeugen. Große Kühe mit großen Eutern versprachen viel Ertrag. Inzwischen zeigt sich aber, dass die hohe Milchleistung auf Kosten der Gesundheit geht.
"Nur eine gesunde Kuh gibt Milch, egal, ob sie 1,30 Meter oder 1,50 Meter hat."
Der Schweizer Landwirt Andreas Huber betreibt eine Milchwirtschaft mit Ackerbau im Kanton Thurgau. Er hält 20 bis 25 Kühe, die im Durchschnitt rund 8.500 Liter Milch pro Jahr geben.
Andreas Hubers Kühe sind ziemlich produktiv, obwohl er kleinere Tiere bevorzugt. Sie gehören zur Rasse Brown Swiss, eine der häufigsten Kuhrassen in der Schweiz. Gezüchtet wurde sie aus den klassischen braunen Schweizer Kühen. Später wurden aber Tiere aus den USA eingekreuzt.
"Entscheidend, denke ich, sind immer die Kosten. Der Aufwand, den man betreiben muss für einen Liter Milch."
Die zunehmende Körpergröße der Kühe hat über die vergangenen Jahre hinweg zu immer mehr Problemen geführt:
Problem Nummer eins: Wenn die Kühe extrem schnell extrem viel Milch produzieren, belastet das die Euter. Sie werden anfälliger für Entzündungen. Problem Nummer zwei: Die Kühe werden durch die Zucht immer größer, im Schnitt etwa drei Millimeter pro Jahr. Über mehrere Jahre gerechnet, kommt da einiges zusammen.
Viele Schweizer Kühe verbringen den Sommer auf den Alpweiden. Wenn sie zu schwer sind, schaffen sie den Aufstieg nicht mehr so gut. Im Flachland – wie beispielsweise im Thurgau – trampeln die Schwergewichte bei feuchtem Wetter die Weiden kaputt.
"Mit der Größe werden sie natürlich auch schwerer. Und das Gewicht hat natürlich auch einen Einfluss auf die Gelenke, auf die Klauen. Wenn sie Klauenprobleme haben, laufen sie nicht mehr."
Die großen Kühe finden auch immer schlechter Platz in ihren Ställen. Die Ställe in der Schweiz wurden vor ein paar Jahrzehnten gebaut, als die Kühe noch wesentlich kleiner waren. Wenn die Rinder weiterwachsen, haben sie irgendwann nicht mehr genug Platz, um sich hinzulegen, sind öfter gestresst und werden leichter krank.
"Eine 10.000 Liter Kuh, die braucht einfach ganz andere Betreuung als eine 5000 Liter Kuh."
Es wird also immer aufwendiger und teurer für die Landwirte, die Kühe zu halten und dafür zu sorgen, dass sie gesund bleiben. Aus diesem Grund hat sich die Interessengemeinschaft Neue Schweizer Kuh gebildet. Sie vertritt seit mehreren Jahren den Standpunkt, dass Kühe wieder kleiner und damit auch gesünder werden sollen.
Kleinere Kühe zu züchten, ist nicht so einfach
Wieder kleinere Kühe zu bekommen, ist aber gar nicht so einfach. Wie viele Milchbauern in der Schweiz züchtet Andreas Huber seine Kühe selbst. Die Stiere dazu findet er in den Katalogen der Züchterverbände. Auf den vordersten Plätzen stehen aber nur die kapitalsten Prachtbullen, die versprechen, die größten Töchter mit den dicksten Eutern zu zeugen. Daran hat auch die Initiative der Interessengemeinschaft Neue Schweizer Kuh bisher noch nichts ändern können.
Züchterverbände propagieren noch altes Schönheitsideal bei Kühen
Obwohl man heute weiß, dass auch kleinere Kühe noch ziemlich viel Milch geben können – wie die von Andreas Huber. Damit sich dieses Wissen verbreitet und um es den Schweizer Bauern leichter zu machen, kleinere Kühe zu züchten, hat die IG Neue Schweizer Kuh ihre eigene Empfehlungsliste herausgebracht – mit mittelgroßen Stieren.
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