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Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hat ihre jährliche Studie zur Überschuldung von Verbrauchern vorgestellt, den Schuldner-Atlas. Das Ergebnis: Obwohl die Wirtschaft boomt, kann jeder zehnte Erwachsene seine Rechnungen nicht bezahlen. Die Zahl der überschuldeten Menschen ist zum fünften Mal in Folge gestiegen.

Der Wirtschaftsjournalist Jörg Marksteiner hat sich die Studie für uns angesehen. Er sagt: "Was dieses Mal für den Anstieg gesorgt hat – obwohl die Wirtschaft gut läuft und es genügend Jobs gibt – ist so ein Phänomen, dass immer mehr Menschen erstmals in Verschuldung reinrutschen." Das seien also nicht alles gleich die wirklich harten Fälle, bei denen der Gerichtsvollzieher anklingeln wird, sondern leichte Fälle von Verschuldung. 

"Ein Haupttreiber ist der Konsum. Es gibt billigen Kredit."
Michael Bretz, Auskunftei Creditreform

Häufig beginne es damit, dass Rechnungen nicht bezahlt würden und mit den dann folgenden Mahnungen leichtfertig umgegangen werde. Eine Erklärung für die steigende Verschuldung sieht die Auskunftei im Konsum der Verbraucher. Es sei extrem einfach, Kredite für alle möglichen Dinge aufzunehmen – für Reisen, für einen neuen Fernseher, für ein Auto. Vor allem die Verschuldung der unter 30-Jährigen sei in diesem Bereich gestiegen.

Günstige Kredite machen Konsum so einfach

Ein weiterer Punkt für die steigende Verschuldung ist, dass die Kredite nicht nur günstig sind – oft wird mit null Prozent Zinsen geworben – sondern auch, dass sie so einfach zu haben sind, zum Beispiel wenn wir uns ein neues Smartphone auf Kredit kaufen. Denn auch wenn die Zinsen niedrig sind, müsse die monatliche Rate natürlich bezahlt werden, so der Wirtschaftsjournalist.

"Manche übersehen dann vielleicht, dass man dann wenig Zinsen zahlt für den Kredit, aber den Betrag muss ich natürlich trotzdem zurückzahlen."
Jörg Marksteiner, Wirtschaftsjournalist

In der vergangenen Zeit gab es in verschiedenen Branchen relativ gute Gehalts- und Tariferhöhungen. Für manchen sei das ein Anlass, sich von dem zusätzlichen Geld etwas zu gönnen. Jörg Marksteiner sagt, dass es aber problematisch werde, wenn diese Neuanschaffungen sehr auf Kante genäht sind und kein Geld für eventuelle Sonderbelastungen zur Seite gelegt werden. Eine Scheidung, ein Unfall, eine schwere Krankheit oder ein plötzlicher Jobverlust  können Menschen in Situationen bringen, in denen sie ersten die Kredite nicht mehr bezahlen können und zweitens dringend Geld für lebensnotwendige Dinge wie Miete oder Lebensmittel bräuchten.

"Wenn die Betroffenen dann noch zu spät sich um eine Schuldnerberatung kümmern. Und das Ganze immer weiter anwächst, dann werden aus diesen leichten dann auch schnell mal harte Fälle."
Jörg Marksteiner, Wirtschaftsjournalist

Im Vergleich der Schuldner fällt auf, dass die unter 30-Jährigen im Schnitt 8000 Euro Schulden haben und damit deutlich weniger verschuldet sind als der Rest – dort liegt die durchschnittliche Verschuldung bei etwa 30.000 Euro. Die Folge: Aus einer niedrigen Verschuldung ist es am Ende einfacher, auch wieder herauszukommen.

"Wenn die Miete gezahlt wird und dann bleibt nur noch ein Drittel meines Einkommens für den Rest übrig, dann wird das häufig ganz schnell sehr knapp."
Jörg Marksteiner, Wirtschaftsjournalist

Neben den Schulden für Konsum fällt auf, dass die steigenden Mieten zunehmend relevant werden, wenn es um Verschuldung geht. Studenten, Alleinerziehende, Rentner und Geringverdiener haben es in vielen Ballungszentren schwer, an bezahlbaren Wohnraum zu kommen.

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Shownotes
Schulden in Deutschland
Viele Menschen können ihre Rechnungen nicht bezahlen
vom 13. November 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Jörg Marksteiner, Wirtschaftsjournalist