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Melatonin gibt es als Spray, in Form von Tabletten oder sogar in Gummibärchen. Seit 2020 sind mehr rezeptfreie Schlaf- und Beruhigungsmittel verkauft worden, darunter auch Melatonin-Produkte, und die Hersteller haben auch mehr Umsatz damit gemacht. Es ist also ein klarer Trend. Aber was genau bewirkt Melatonin im Körper? Ist es wirklich ein Einschlaf-Wundermittel oder nur ein Hype?

Melatonin ist ein Hormon, das unser Körper auch selbst bildet. Er beginnt etwa zwei bis drei Stunden bevor wir schlafen gehen mit der Ausschüttung.

"Melatonin ist wie ein Kopfkissen-Schüttel-Hormon. Es bereitet uns auf die Nacht vor."
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin 

Melatonin sorgt zum Beispiel dafür, dass unsere Körpertemperatur sinkt. Das ist wichtig, damit wir einschlafen können. Unser Körper kann besonders gut Melatonin bilden, wenn es dunkel ist. Denn Lichteinstrahlung als “Tag-Signal” kann dafür sorgen, dass der Körper weniger Melatonin bildet. Trotzdem brauchen wir Melatonin nicht zwingend, um einzuschlafen. Und es muss auch kein bestimmter Melatoninwert im Körper erreicht sein, damit es mit dem Einschlafen klappt.

Wann Melatonin gut wirkt 

Schlafforscherin Dr. Christine Blume und Moderatorin Ilka Knigge nehmen manchmal selbst Melatonin. Zum Beispiel, wenn sie früh schlafen müssen:

"Ich fange hier bei Dlf Nova teilweise gegen 5 Uhr an zu arbeiten, muss also am besten früh einschlafen. Und gerade im Sommer ist das schwer. Melatonin einzunehmen, finde ich da hilfreich."
Ilka Knigge arbeitet bei DLF Nova in der Frühsendung

Christine Blume sagt, Melatonin ist vor allem dann hilfreich, wenn man die sogenannte biologische Nacht nach vorne verschieben will. Die biologische Nacht ist die Zeit, in der unser Körper auf Schlaf eingestellt ist.

"Melatonin wirkt dann besonders gut, wenn der Körper noch kein oder nicht ausreichend Melatonin produziert. Man kann damit also versuchen, den Einschlafzeitpunkt nach vorne zu verlagern."
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin

Ein Milligramm Melatonin am Abend gilt als unbedenklich, maximal fünf sollten es pro Tag sein. Denn es gibt auch mögliche Nebenwirkungen wie zum Beispiel Schwindel, Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen. Außerdem ist bisher noch unklar, wie der Körper darauf reagiert, wenn wir Melatonin über einen langen Zeitraum regelmäßig einnehmen.

Melatonin als Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel? 

In Deutschland ist Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Das bedeutet, es fällt nicht unter das Arzneimittelgesetz. Es wird also weniger stark kontrolliert in Qualität und Wirksamkeit. Außerdem muss es nicht von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden. Das findet Christine Blume nicht gut.

"Nebenwirkungen sind zwar selten. Aber ich finde trotzdem nicht, dass Melatonin so unreguliert auf den Markt kommen sollte."
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin 

In der aktuellen Folge “Über Schlafen” sprechen Wissenschaftsjournalistin Ilka Knigge und Schlafforscherin Dr. Christine Blume darüber, wer Melatonin nehmen kann, warum es gerade so einen Hype um das Hormon gibt, und warum Melatonin sogar wach machen kann.

Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.

Shownotes
Schlafmittel
Melatonin zum Einschlafen - mehr als nur ein Hype? 
vom 23. Mai 2023
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin
    Unsere Quellen:
  • Cajochen, C., Kräuchi, K., Wirz-Justice, A. (2003). Role of Melatonin in the Regulation of Human Circadian Rhythms and Sleep. Journal of Neuroendocrinology, 15, S. 432-437.
  • Kräuchi, K., Cajochen, C., Pache, M., Flammer, J., Wirz‐Justice, A. (2006). Thermoregulatory effects of melatonin in relation to sleepiness, Chronobiology International, 23:1-2, S. 475-484.
  • Santhi, N., Thorne, H.C., van der Veen, D.R., Johnsen, S., Mills, S.L., Hommes, V., Schlangen, L.J.M., Archer, S.N., Dijk, D.-J. (2012). The spectral composition of evening light and individual differences in the suppression of melatonin and delay of sleep in humans. Journal of Pineal Research, 53: 47-59.
  • Guardiola-Lemaître, B., Quera-Salva, M. A., Chapter 36 (2011). Melatonin and the Regulation of Sleep and Circadian Rhythms, Editor(s): Kryger, M. H., Roth, T., Dement, W. C. Principles and Practice of Sleep Medicine (Fifth Edition), W.B. Saunders, 2011, S. 420-430.