Früher hat er Insekten vernichtet. Heute rettet Hans-Dietrich Reckhaus sie. Zwei Künstler brachten ihm die Erkenntnis, dass Fliegen zum Beispiel wertvolle Lebewesen in unseren Biotopen sind.
Hans-Dietrich Reckhaus wurde in ein Schweizer Familienunternehmen hineingeboren. Seit 60 Jahren produziert seine Familie Insektizide. Und eigentlich wollte er immer damit weiter machen. Aber dann kam ein Wandel. Hans-Dietrich Reckhaus fragte zwei Künstler, ob sie nicht eine Kampagne für ihn gestalten können. Die lehnten sofort ab mit der Begründung, dass sie seine Produkte nicht gut finden. "Diese Produkte vernichten Insekten, aber Insekten sind wertvolle Tiere", sagten sie ihm und trafen einen Nerv.
"Sie haben einen Knopf gefunden, der tief in mir schlummerte. Ich war total überrascht, dass ich nie über den Wert von Insekten nachgedacht habe."
Der Mann, der bisher nur giftige Sprays und Pülverchen für Insekten übrig hatte, ist mittlerweile einer ihrer größten Fans geworden. Denn: "Nicht nur Bienen, auch Mücken und Fliegen bestäuben Pflanzen. Alle Insekten sind Teil der natürlichen Nahrungskette." Hans-Dietrich Reckhaus' neue Mission ist es also, Insekten zu retten. Aber er steckt auch in einem Dilemma. Die Firma seines Vaters mit 60 Mitarbeitern aufgeben, will er auch nicht.
Fliegenparadies auf dem Firmendach
Der Fliegenretter und Fliegenvernichter fährt jetzt sozusagen zweigleisig. Er betreibt sein Geschäft mit den Insektenvernichtungsmitteln weiter, hat aber oben auf dem Flachdach der Firma einen Dachgarten für Fliegen angelegt. Ein 500 Quadratmeter großes Paradies aus kleinen Hügeln, Steinen und Holzhaufen.
"Wir berechnen ganz genau, wie viele und welche Insekten die Konsumenten mit unseren Produkten bekämpfen. Diesen ökologischen Verlust wollen wir kompensieren."
Gewissermaßen betreibt er Leben- und Sterbenlassen mit System. Das ist der Weg, den er für sich gefunden hat, zu dem Preis, dass Mitbewerber nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Und auch die Konsumenten sind skeptisch. Für die meisten sind Insekten Schädlinge, die mit harten Mitteln bekämpft werden müssen. Sein Einsatz für Insekten lohnt sich wirtschaftlich überhaupt nicht, aber er hat schon ein paar Auszeichnungen bekommen, unter anderem den Schweizer Ethikpreis.