Karl Marx beschrieb die zerstörerische Kraft des Kapitalismus. Sahra Wagenknecht sagt: Wie man heute sieht, hatte er recht. Und einen DDR-Kommunismus hätte er niemals gewollt.
Karl Marx würde dieses Jahr 200 Jahre alt werden - und er müsste feststellen: Den Kapitalismus gibt es immer noch. Seine Prognose damals: Der Kapitalismus zerstört sich im Laufe des 20. Jahrhunderts von selbst. "Er hat sich allerdings als anpassungsfähig erwiesen", sagt Sahra Wagenknecht, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Zum Beispiel wurden soziale Sicherungssysteme eingeführt wie die Kranken- und Arbeitslosenversicherung.
In vielen Ländern wirken diese sozialen Instrumente immer noch den kapitalistischen Auswirkungen entgegen, zum Beispiel der Akkumulation von Reichtum in den Händen weniger. In manchen Ländern seien die Verhältnisse heute aber genau so sichtbar, wie Marx sie damals beschrieben hat, sagt Sahra Wagenknecht - in Bangladesch zum Beispiel.
"Wir erleben eine Aushöhlung der Demokratie. Menschen können wählen, aber in den letzten Jahren war die Politik im Kern die gleiche."
Aber auch in Deutschland würden die sozialen Sicherungssysteme geschwächt, und die Auswirkungen des Kapitalismus seien deutlicher zu erkennen als früher. Wagenknecht: "Der Kapitalismus wirkt heute stärker in seiner ursprünglichen Dynamik: Eine kleine Minderheit hat einen großen Kapitalbesitz und kann von der Arbeit anderer leben."
Und damit seien die Thesen von Marx prinzipiell eingetreten. Auch der formulierte Widerspruch zwischen Kapitalismus und Demokratie ist für Sahra Wagenknecht erkennbar. Denn Kapitalismus bedeute, dass eine Minderheit profitiert. Die Demokratie dagegen solle die Interessen der Mehrheit repräsentieren.
"DDR-Kommunismus nicht das, was Marx wollte"
Dass die Vorstellungen von Marx heute oft mit Kommunismus oder Marxismus (ebenfalls im Sinne von Kommunismus) gleichgesetzt werden, hält Sahra Wagenknecht für nicht zutreffend. Marx hätte nämlich dem Liberalismus nahegestanden und wollte eine Gesellschaft der Freien und Gleichen (interessant auch: "Das Kommunistische Manifest ist ein Loblied auf den Kapitalismus", Deutschlandfunk Kultur).
"Ich finde es erschreckend, dass die Lehren von früher, dass ein entfesselter Kapitalismus zerstörerisch wirken kann, nach und nach vergessen werden."