Riesen-Aufgabe für den neugewählten Ministerpräsidenten Sachsens Kretschmer. Er muss mit einer Minderheitsregierung regieren. Wie erfolgreich das sein kann, wird davon abhängen, wie gut er Regierungsparteien und Opposition zusammenbringen kann.
Michael Kretschmer ist wiedergewählt und damit Ministerpräsident der ersten Minderheit-Regierung aus CDU und SPD in Sachsen. Im zweiten Wahlgang hat er mehr Stimmen bekommen als erwartet.
Alexander Moritz, Landeskorrespondent in Sachsen, ist nicht überrascht, dass Michael Kretschmer gewählt wurde. Nur das klare Ergebnis erstaunt: 18 Stimmen mehr als erwartet. Das ist ein deutlicher Erfolg für Kretschmer.
Kretschmer muss wechselnde Mehrheiten suchen
Seine Wahl als Ministerpräsident ist zunächst ein Zeichen für Stabilität, da eine breite Mehrheit im Landtag über Parteigrenzen hinweg hinter ihm steht. Gewählt wurde er vor allem als Person. Es gibt einen Koalitionsvertrag, dennoch hat die Minderheitsregierung keine Mehrheit für ihre Inhalte.
"Was die Regierung inhaltlich machen möchte, dafür muss sich Kretschmer nun immer wechselnde Mehrheiten suchen. Das wird ein ganzer Haufen Arbeit."
Kretschmer ist gezwungen, wechselnde Mehrheiten zu suchen. Die Regierung muss einen neuen Stil entwickeln und es bleibt abzuwarten, ob das gelingt. Dafür haben sie sich den "Konsultationsmechanismus" ausgedacht, heißt: Gesetzesvorschläge werden vorab per Mail an alle Fraktionen geschickt, die dann Änderungen vorschlagen und eigene Ideen einbringen können, bevor sie zustimmen.
Sachsen: Keine Zusammenarbeit mit der AFD
Julian Schiebe, Landesvorsitzender der Jungen Union Sachsen, erklärt, dass nach einem Wahlkampf voller gegenseitiger Vorwürfe nun die Zeit des Parlaments gekommen sei. Jeder Abgeordnete sei gefragt. Er hoffe, dass das Wahlkampfgeplänkel vorüber ist und das Regierungshandeln beginnt. Mit einer meckernden Opposition werde es zukünftig nicht funktionieren. "Jetzt kann niemand mehr in der Opposition lavieren, dass die Regierung sie nicht einbezieht", sagt er.
Schiebe zeigt sich optimistisch für die Zusammenarbeit etwa mit dem BSW. Obwohl keine gemeinsame Mehrheit zustande kam, habe man sich in Gesprächen in einigen Punkte für Sachsen geeint. Dies biete eine Grundlage, um trotz Minderheitsregierung Gesetze und Projekte umzusetzen und Stabilität zu wahren.
"Die AFD ist stark in Sachsen, aber nicht die stärkste Kraft und erwiesenermaßen rechtsextremen. Es ist uns daran gelegen, andere Mehrheiten zu finden."
Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt Julian Schiebe aus. CDU und SPD hätten festgelegt, keine Mehrheiten mit der Partei zu suchen. Sie sei zwar eine starke Kraft in Sachsen, aber gesichert rechtsextrem. Es gibt andere Fraktionen im sächsischen Landtag, die der Minderheitsregierung zur Mehrheit verhelfen können, so der Politiker.
Minderheitsregierung: Doppelhaushalt der erste Härtetetest
Es stehe eine spannende Zeit an. Eine Minderheitsregierung in Sachsen ist neu, Erfahrungen gebe es nur aus Thüringen. Mit gemeinsamen Willen und unter Kretschmers Führung sieht Julian Schiebe gute Chancen für erfolgreiche Ergebnisse in seinem Bundesland.
Der Doppelhaushalt, der bis Sommer stehen soll, wird der erste Härtetest für die Minderheitsregierung, meint Julian Schiebe. In den Verhandlungen mit allen nötigen Partnern werde sich zeigen, wie konstruktiv alle mitarbeiten. Gelinge das, so könnte Sachsen als Vorbild für andere Länder dienen, auch wenn eine stabile Regierungsmehrheit immer sinnvoller wäre.
Landtagsregierung: Grüne sind außen vor
Unser Sachsen-Korrespondent Alexander Moritz bewertet die Situation unterschiedlich: Das BSW hofft trotz gescheiterter Koalitionsgespräche auf mehr Einfluss – etwa bei der Schuldenbremsen-Reform, bei Investitionen in Schulen oder bei Sozialleistungen. Das sind Forderungen, die auch die Linke und die SPD teilen. Gemeinsam könnten sie ein Gegengewicht zur CDU bilden.
"Die größten Probleme haben neben der AFD die Grünen, die in Sachsen bislang in einer Koalition mit CDU und SPD mitregiert haben. Die sind jetzt außen vor."
Die Minderheitsregierung steht vor großen Herausforderungen. Eine solche Regierungsform ist neu und erfordert ständige Kompromisse mit der Opposition. Diese kann nicht nur ablehnen, sondern muss auch eigene Zugeständnisse machen, betont Alexander.
Ohne feste Koalition gibt es keine klare Mehrheit, was zu blockierten Entscheidungen führen könnte, meint Alexander. Das könnte in einer Stagnation enden, da ständig einzelne Parteien wie das BSW, die Linke oder Teile der CDU, Kompromisse ablehnen könnten. So wird es schwer, nachhaltige politische Fortschritte zu erzielen.
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