Angespannte Stimmung am Asowschen Meer - an der Meerenge von Kertsch kommt es schon länger immer wieder zu Provokationen. Die Eskalation geht dabei von Russland aus, sagt Osteuropa-Expertin Sabine Fischer. Weder Russland noch die Ukraine dürften aber Interesse an einem Krieg haben, meint die Expertin.
Von Deeskalation zunächst keine Spur: Die Ukraine hat im Konflikt mit Russland das Kriegsrecht verhängt. Russland hält die drei ukrainischen Schiffe und 24 Soldaten nach wie vor fest, die am Sonntag (25.11.) in der Straße von Kertsch festgenommen wurden. Der Vorwurf: Die ukrainischen Kriegsschiffe seien in russische Gewässer eingedrungen.
Aus Sicht der Ukraine geht die Eskalation im Schwarzen Meer aber von Russland aus - schon seit langen würden dort "Handelsschiffe massiv behindert und schikaniert", so sagte es der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk.
"Definitiv hat Russland es auf eine solche Eskalation ankommen lassen - durch die Politik, die es in den letzten Jahren um die annektierte Halbinsel Krim herum gemacht hat."
Osteuropa-Expertin Sabine Fischer sagt, die Zuspitzung der Lage sei keine Überraschung. Sabine Fischer leitet die Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Russland fahre bereits seit 2014 eine Art Zermürbungstaktik in der Region, erklärt sie. Auch die Brücke, die über die Meerenge gebaut wurde und das russische Festland mit der Krim verbindet, trage dazu bei. Russlands Ziel sei es, die Region zu destabilisieren, so die Expertin, um eine weitere Ausrichtung der Ukraine nach Europa zu verhindern.
"Man muss die Krim und den Donbass als ein Band von Konflikten sehen, in das sich jetzt auch noch das Asowsche Meer einreiht."
Sabine Fischer sieht die Ukraine im aktuellen Konflikt in der Defensive - und unter einem großen Druck, der von Russland ausgehe. "Ich kann nicht ausschließen, dass das jetzt nicht von Einigen innenpolitisch instrumentalisiert wird", sagt sie - möglicherweise auch von Petro Poroschenko. Dennoch: Das militärische Verhältnis beider Länder sei so ungleich, dass die Ukraine eigentlich kein Interesse an einer weiteren Verschärfung des Konflikts haben dürfte. Und was Russland betrifft: Zwar ist es militärisch klar überlegen. Doch die Ausgaben für den andauernden Krim-Konflikt belasten die Kassen. Auch Putin dürfte daher kein Interesse an einem Krieg haben, meint Sabine Fischer.
Kiew möchte mehr Unterstützung aus Deutschland
Deutschland verhält sich in der aktuellen Situation bislang eher zurückhaltend. Außenminister Heiko Maas erklärte zwar, dass Russland die festgesetzten Schiffe und Seeleute schnellstmöglich wieder freigeben müsse. Er sagte: "Ziel muss es sein, dass Russland wieder internationale Regeln achtet und die territoriale Souveränität seiner Nachbarn nicht verletzt." Doch auf schärfere Sanktionen oder andere Schritte, Russland unter Druck zu setzen, setzt die Bundesregierung bislang nicht.
Dabei wünscht sich die Ukraine mehr Unterstützung, vor allem aus Deutschland. "Deutschland muss endlich klare Kante zeigen, sehr, sehr klare Worte finden und Putin einfach in die Schranken weisen", erklärte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk. Doch die eher ruhige Herangehensweise der Regierung sei nachvollziehbar, sagt Klaus Remme, unser Korrespondent im Hauptstadtstudio in Berlin.
"Die Position der Bundesregierung ist nachvollziehbar."
Dass Deutschland in den nächsten Tagen schärfere Sanktionen gegen Russland verhängt, denkt Klaus Remme nicht. Man habe bereits mehrstufige Sanktionen, erklärte so auch Regierungssprecher Steffen Seibert. Deutschland reagiere zurückhaltend, weil man Russland für die Lösung zahlreicher Konflikte brauche, so unser Korrespondent.
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