"Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau" – so heißt der erste Roman des Journalisten Björn Stephan. Darin beschreibt der Protagonist Sascha Labude, wie er mit 13 Jahren den krassesten Sommer seines Lebens erlebte.
Seine Eltern nennen das Land, in dem sie alle leben "Altes Land", allerdings ist es untergegangen, als Sascha acht Jahre alt war. Es hieß DDR, jetzt nicht mehr. Es ist alles anders, aber trotzdem noch alles gleich – die gleichen Strommasten am Rande der Siedlung, die Siedlung selbst und die Plattenbauten in der Siedlung.
"Viele Nachbarn sind weggezogen, seitdem das alte Land verschwunden ist. Die fiesen Pawelke-Brüder zwei Stockwerke tiefer leider nicht."
Sascha weiß, dass Malboros die besten Zigaretten sind, dass Sabrina Kabautzky epische Brüste hat und dass von den circa 150 Mädchen in der Siedlung nur eines so wie Juri ist: Juri selbst. Sascha weiß nicht mit Sicherheit, dass Juri ihn angesehen hat und dass dabei ihre Augen gefunkelt haben, ob er unsichtbar ist, und ob es wirklich 7000 Sprachen auf der Welt gibt.
Juri krempelt Saschas Leben um
Es ist das Jahr 1994. Sascha wohnt mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Nina in Klein Krebslow. Das sagt aber nie einer. Alle sagen nur "die Siedlung". Saschas Leben verläuft relativ ereignislos – bis eines Tages ein neues Mädchen in die Siedlung zieht und in seine Klasse kommt. Es trägt ein grünes Tuch mit weißen Tupfen auf dem Kopf, unter dem rot gefärbte Haare hervorgucken. Dieses Mädchen heißt Juri.
Und ein bisschen ist es so, als ob Juri Saschas Leben komplett auf den Kopf stellt. Plötzlich ist es alles andere als relativ ereignislos. Sascha spricht zum ersten Mal offen über sein größtes Geheimnis, über das mit den besonderen Wörtern in seinem Heft.
"Sein liebstes Wort ist Mamihlapinatapai aus der Sprache der Yaghan aus Südamerika. Das beschreibt den Moment, wenn sich zwei Menschen unheimlich lange angucken und beide darauf warten, dass der oder die jeweils andere sich aus der Starre löst und endlich etwas sagt."
Juri verschwindet irgendwann genauso plötzlich, wie sie aufgetaucht war. So, als wäre sie nur mal kurz zu Besuch gewesen. Und es ist das Jahr, in dem Sascha mit seiner Familie die Platte in der Siedlung verlässt und in ein Reihenhaus mit Carport zieht. Er fragt sich, ob es in irgendeiner der 7000 Sprachen auf der Welt ein Wort für das gibt, was er dabei fühlt.
Das Buch
"Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau" (Romandebüt) von Björn Stephan, Galiani Berlin, 343 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 22 Euro, E-Book: 18,99 Euro, Hörbuch-CD: 16,45 Euro, gelesen von Oliver Wnuk (auch zu hören bei Spotify, iTunes und Audible); ET: 11.02.2021.