Am "Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung" finden in vielen Städten Demos statt. Sie wollen Aufmerksamkeit lenken auf barrierefreies Bauen, Leben und Denken. Köln hat da einiges nachzuholen. Laut einer Umfrage von Aktion Mensch haben hier nur 27 Prozent der Befragten den Eindruck, dass die Stadt genug für Menschen mit Behinderung tut. Unser Tagesreporter Martin Krinner hat versucht, herauszufinden, woran es im Alltag hakt.
Maria ist querschnittsgelähmt und sitzt seit über 20 Jahren im Rollstuhl. Unser Reporter Martin Krinner trifft sie im Supermarkt vor dem Kühlregal. Der Butterkäse liegt auf einer für Maria unerreichbaren Höhe.
"Wenn ich da oben den Käse haben möchte, dann muss ich jemanden fragen. Ich komme da einfach nicht dran."
Es ist anstrengend, mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein. Man braucht mehr Platz, man sitzt viel niedriger und wenn man aufs Klo muss, braucht man eine spezielle Behindertentoilette. Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist, der muss im ganz normalen Alltag viel mehr planen und vorhersehen als ein Fußgänger. In manchen Städten klappt das ganz gut, Köln aber ist ein Beispiel dafür, dass es auch schlecht laufen kann. Zum Beispiel bei den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Wenn Maria mit der U-Bahn zur Arbeit fahren würde, dann müsste sie normalerweise einmal umsteigen. Das Problem: An dieser Haltestelle gibt es keinen Aufzug. Würde sie an diesem Bahnsteig aussteigen, müsste sie entweder fremde Menschen um Hilfe bitten oder wieder in die Bahn steigen und einen riesigen Umweg fahren.
3 von 16 Kinos sind behindertengerecht
Ein paar ihrer Freunde in Köln kann Maria nicht besuchen, weil es in deren Häusern keinen Aufzug gibt. Wenn sie sich mit Freunden im Café oder in der Kneipe treffen will, dann kommen viele Läden nicht in Frage, weil es da keine Toilette für sie gibt. Und wenn sie ins Kino gehen will, dann kommt sie überhaupt nur in drei der 16 Kölner Kinos rein.
Einmal hat sie sich in einem Kino mit der Treppe helfen lassen. Dann war sie also drin. Aber wenn das eine Problem gelöst ist, folgt oft das nächste, erzählt sie: "Wenn man mir eine Treppe rauf hilft, dann kann ich mir den Film angucken, aber sobald ich mir erlaube, ein Wasser zu trinken, habe ich wieder ein Problem: Aha, und wo ist die Toilette? Oh, die ist unten…"
"Und das ist eine Erfahrung, die Diskriminierung oder das Sich-Ausgeschlossen-Fühlen, die ich schon öfter mache in Köln, weil Köln halt viele Gebäude hat, die nicht barrierefrei funktionieren."
Köln ist immerhin eine Millionenstadt. Mit allem was an Kultur- und Freizeitangeboten dazugehört. Für Maria aber sind viele Einrichtungen in der Stadt einfach nicht zugänglich.