Mancher Duft bleibt im Kopf und weckt vergangene Erlebnissen. Wie riecht aber die weit entfernte Vergangenheit? Das möchte ein Team aus Historikerinnen, Linguisten, Chemikerinnen und Informatikern mit einer Geruchsenzyklopädie festhalten.
Das Wissenschaftsprojekt "Odeuropa" soll die Gerüche der letzten fünf Jahrhunderte katalogisieren, die das Leben der Menschen in Europa geprägt haben.
Für die historische Enzyklopädie wollen Forschende verschiedenster Disziplinen mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) historische Texte in verschiedenen Sprachen auf Duftbeschreibungen absuchen und auch alte Gemälde auf abgebildete Geruchsquellen untersuchen.
Parfümeurinnen und Chemiker sollen im Anschluss ausgewählte Düfte mit historischen Materialien und Equipment neu herstellen, um sie für die Zukunft zu konservieren.
Kulturelles Erbe einfangen
Neben dem Erfassen der Gerüche ordnet das Projekt die Düfte auch in einen Kontext ein und liefert Informationen über ihre Bedeutung und die Felder, in denen der Duft den Menschen begegnet ist.
Tabak als exotischer Geruch
Im 16. Jahrhundert galt zum Beispiel der Geruch von verbrannten Tabakblättern als exotisch. Das lag daran, dass Tabak zu der Zeit zum ersten Mal nach Europa kam. Für die Menschen in Europa waren die Blätter der Tabakpflanzen damals etwas Neues und tauchten seitdem in vielen historischen Beschreibungen auf.
Je mehr sich der Tabakgeruch ausgebreitet hat – in Kaffeehäusern, auf der Straße, in Raucherzimmern – und je allgegenwärtiger er wurde, desto mehr haben ihn die Menschen als unangenehm empfunden.
Erste Beschwerden über den Tabakduft in Theatern zum Beispiel gab es schon im 18. Jahrhundert. Ähnlich sieht die Diskussion um den Geruch von Tabak heute aus.
Gleichzeitig gibt es immer mehr junge Generationen, die den Geruch eines vollgerauchten Klubs nicht kennen. Der Tabakgeruch nimmt ab und bekommt eher eine außergewöhnliche Note, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Tina Howard.
"Das Team sagt: Wir sammeln historische Düfte und bringen sie zurück in unsere Nasen."
Die nachgestellten Düfte sollen daher Ausstellungen an europäische Museen begleiten und die abgebildete Zeit riechbar machen.
Odeuropa wird von der Europäischen Kommission in Höhe von 2,8 Millionen Euro gefördert.