Er ist Kanu-Rennsportler, kann für sein Land aber nicht antreten. Denn Saeid Fazloula droht im Iran die Todesstrafe. Bei Olympia in Paris war er Teil des Refugee Olympic Teams. Wir erzählen, wie er sich nach Europa und zurück in den Spitzensport gekämpft hat.
Der 31-jährige Kanute Saeid Fazloula ist einer der 37 Sportler*innen, die bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris als Flüchtlingsteam in verschiedenen Disziplinen an den Start gingen. Als Asien-Vizemeister von Korea 2014 strebte er auch in Paris eine Medaille an. Zwar verpasste Saeid Fazloula im Einer-Kajak das Podium bei einer 1000-Meter-Distanz. Den Traum einer Olympia-Teilnahme konnte der 2015 aus dem Iran nach Deutschland Geflüchtete dennoch leben.
Saeid Fazloula war in seiner Heimat ein erfolgreicher und gefeierter Sportler. 2015 sollte er für den Iran bei den Weltmeisterschaften in Italien antreten. Ein Selfie vor dem Mailänder Dom wurde ihm zum Verhängnis: Es hieß, dass er zum Christentum konvertiert sei. In der Islamischen Republik Iran steht das unter Todesstrafe.
"Im Iran droht Menschen, die die Religion wechseln, die Todesstrafe. Nach meiner Rückkehr wurde ich verhaftet, kam nach einigen Tagen Gefängnis frei."
Sein Vater und die Mutter fassen den Entschluss, dass Saeid Fazloul seine Heimat verlassen muss. Er migriert über die Balkan-Staaten nach Deutschland. Als er ankommt, ist er ohne Hoffnung.
"2015 dachte ich nur ans Überleben. Ich kam in Deutschland hoffnungslos an. Jetzt stehe ich hier und konnte zweimal bei Olympischen Spielen teilnehmen."
In seiner Zeit in einem Flüchtlingslager in Dortmund denkt er erstmals wieder an den Kanusport. Saeid Fazloula weiß, dass es einen Verein in Essen gibt und hofft, dort trainieren zu können. Mit der Unterstützung deutscher Behörden wird er nach Karlsruhe transferiert.
So wird das Refugee Olympic Team zusammengestellt
Er trainiert bei den Rheinbrüdern Karlsruhe und schafft es ins Refugee Olympic Team. Der Weg ins Team sei kompliziert, denn nicht ausschließlich die sportliche Leistung gibt den Ausschlag für eine Aufnahme, erklärt Deutschlandfunk-Sportreporterin Marina Schweizer.
"Die Auswahl für das Refugee Olympic Team erfolgt nach einer Bewerbung durch eine Auswahl bei der olympischen Refugee Stiftung."
Die Olympische Refugee Stiftung ist dafür verantwortlich, geflüchteten Athlet*innen Stipendien zu geben. Die Auswahl sei jedoch nicht transparent, recherchierte die Deutschlandfunk-Sportredaktion. Bei der Auswahl für das Team handele es sich wohl eine Mischung aus sportlicher Leistung und persönlichen Kriterien, so Marina Schweizer.
Die Teilnehmendenzahl im Refugee Olympic Team ist der Vergangenheit gesteigert worden, erklärt Marina Schweizer. "Am ersten Refugee-Team für Rio de Janeiro beteiligten sich zehn Sportler*innen, in Tokio waren es 29 und jetzt in Paris erhielten 37 Personen den Zuschlag für das Stipendiat." Jedoch schaffe nicht jede*r mit Stipendium automatisch den Sprung ins Team.
Refugee Olympic Team: Willkürliche Auswahlkriterien?
Die sportlichen Maßstäbe für das Refugee-Team seien nicht eindeutig, sagt Marina Schweizer. Die Reporterin schildert, dass sie mit Menschen gesprochen habe, die die Kriterien willkürlich empfunden haben, "weil keine Zeiten, Weiten oder Höhen als Vorgabe zur Aufnahme in das Team vorgegeben wurden."
Die meisten Teilnehmenden des Teams kommen aus dem Iran. Weitere Teilnehmende kommen aus Regionen, in denen es Konflikte gibt. Beispiele sind der Sudan oder Eritrea. Dass Frauen in vielen Teilen der Welt ihren Sport nur unter Todesangst ausüben können, spiegelt sich im Refugee-Team nicht wieder. Es sind 24 Männer vertreten – doch nur 13 Frauen.
Auch Saeid Fazloula musste bangen, ob er in das Refugee-Team aufgenommen wird. Das lag wohl auch an seinem Kanu-Verband, erklärt Deutschlandfunk-Sportreporterin Marina Schweizer. Die Betreuung der Athlet*innen ist bei weitem nicht so professionell wie bei den nationalen Teams.
Saeid Fazloula musste für sein Training weite Strecken zu seinem Heimatverein zurücklegen. Dass Saeid Fazloula trotz aller Hindernisse in Paris antreten konnte, bedeutet für den in Deutschland als Sport- und Fitnesskaufmann geprüften Athleten alles. Seine Profisportkarriere hat er danach beendet.
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