Rechtsextreme wie der mutmaßliche Täter von Halle gehören zu der Zielgruppe, die das Aussteigerprogramm "Exit" ansprechen möchte. Wie es gelingen kann, diese Menschen zu erreichen, darüber haben wir mit dem Kriminalisten und Mitgründer der Initiative gesprochen. Er sagt, am Anfang müsse ein Zweifel an der Ideologie gesäht werden.
Wer sich als Rechtsextremer im Netz zeige, der offenbare sich in den entsprechenden Foren im Netz oft über Mythologien und Schlagworte, die in narrative Gebilde verpackt werden, sagt Bernd Wagner vom Aussteigerprogramm Exit. Wer beispielsweise ZOG schreibe, der meine die jüdische Weltverschwörung, die sich im Weißen Haus und an der Wallstreet aufhalte.
"Wenn einer ZOG zum Besten gibt, dann weiß man, dass da die jüdische Weltverschwörung dahintersteckt, die sich im Weißen Haus und der Wallstreet aufhalte."
Aussagen wie diese würden gute Anknüpfungspunkte bieten, um mit Rechtsextremen in eine Kommunikation zu kommen, so Bernd Wagner. Das gelinge zum Beispiel mit Fragen wie: Meinst du das ernst? Ziel sei es, das Interesse des Gesprächspartners zu wecken und ihn zunächst aus dem Forum herauszubewegen, sagt Bernd Wagner über seine Arbeit.
Wunde Stellen in der Ideologie suchen
Im nächsten Schritt würden er und seine Kollegen versuchen, einen individuellen Dialog herzustellen – zum Beispiel über E-Mail. Dann gehe es darum, wunde Stellen in der Ideologie zu finden. Schwierig sei hier vor allem die Arbeit mit "Hochgrad"-Fanatikern. Manchmal müssen er und seine Kollegen auch wieder abdrehen, sagt Bernd Wagner.
"Dann versucht man zu erkennen, wie substantiell die Weltsicht überhaupt ist. Mit Hochgrad-Fanatikern ist es relativ schwierig, dauerhaft zu arbeiten."
Zunächst seien das aber alles noch keine Techniken, die den direkten Ausstieg aus der Szene zu Folge haben. "Es ist eher so, dass man einen Zweifel anlegt", sagt Bernd Wagner. Und der müsse sich teils über eine längere Periode entwickeln, bevor ein möglicher Ausstieg überhaupt zum Thema werden könne.
"Es ist eine Mischung aus Ahnung und Erfahrung. Ich spüre das beim Lesen und Wahrnehmen."
Natürlich können nicht jeder einzelne Teilnehmer in Foren angesprochen werden. Es sei eine Mischung aus Intuition und Erfahrung. Er spüre das beim Lesen und Wahrnehmen, wo es sich lohne, tiefer nachzuhaken, sagt Bernd Wagner. Und die Erfahrung zeige: Die Leute würden sich ansprechen lassen.
Lehren aus dem Anschlag in Halle ziehen
In dieser Sendung haben wir auch mit dem Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick über die Gefahr rechtsextrem motivierter Anschläge in Deutschland gesprochen. Im Interview erklärt er, welche politischen und gesellschaftlichen Maßnahmen es bräuchte, um Taten wie die in Halle in Zukunft zu verhindern.
Das ganze Gespräch hört ihr, wenn ihr im Zitat auf den Playbutton klickt:
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