Polizisten, Bundeswehrsoldaten und Verfassungsschutzbeamte teilen offenbar rechtes Gedankengut. Nicht alle, aber es gibt sie. Rechtsextremismus in der Polizei ist aber kein neues Phänomen. Schon in der Weimarer Republik hingen zahlreiche Polizisten rechtsextremem Gedankengut an – mit Auswirkungen auf ihre Arbeit, den Staat und die Bevölkerung, die sie eigentlich schützen sollten.
Rechtsextreme Chatgruppen, in denen Polizistinnen und Polizisten ihren Einstellungen gegenüber Ausländern freien Lauf lassen, in denen der Holocaust geleugnet wird und rechte Verschwörungserzählungen die Runde machen, haben die Innenminister von Bund und Ländern aufgeschreckt. Ähnliches gibt es von Angehörigen der Bundeswehr zu berichten.
Diese Vorfälle lassen die Alarmglocken läuten, denn sowohl die Polizei als auch die Bundeswehr sind die vom Staat autorisierten Waffenträger des Landes. Wenn sie in die Nähe von rechtsextremen Gedanken und Verhaltensweisen rücken, kann dieser Umstand extrem gefährlich werden.
"Man tut sich in der Polizei schwer, Fehler einzuräumen. Wir haben leider in den letzten Jahrzehten innerhalb der Polizei eine Struktur entwickelt: Es dürfen keine Fehler gemacht werden und wenn doch, dann wird versucht, sie zu vertuschen."
Es hat Tradition, dass die Polizei nicht frei von gesellschaftlichen Entwicklungen ist, obwohl sie gerade kein Spiegel der deutschen Gesellschaft sein soll. Rechte und linke Extreme sollen in beiden Organisationen keinen Platz finden, aber die jüngsten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass zumindest am rechtsextremen Rand diese klare Kante aufgeweicht ist.
Rechtsextreme in der Polizei der Weimarer Republik
Ähnliches lässt sich in der Weimarer Republik beobachten: Die Polizei rekrutierte ihre Mitarbeiter – und später auch Mitarbeiterinnen – aus dem kaiserlichen Heer, das durch den Versailler Vertrag auf höchstens 100.000 Mann begrenzt war, aus den Angehörigen der Freikorps, die sich nach 1919 zu Hauf bildeten und aus Personen, die schon zu kaiserlichen Zeiten bei der Polizei gewesen waren.
Polizei zeigte Milde beim rechten Kapp-Putsch
In weiten Teilen der Weimarer Bevölkerung gab Ressentiments gegen den Versailler Vertrag – viele Polizisten teilten diese Ressentiments. Das spiegelte sich in ihrer Arbeit wider: Den rechtsgerichteten Kapp-Putsch 1920 etwa schlugen sie nicht so hart und schnell nieder wie den linken Spartakusaufstand ein Jahr zuvor.
Während Anfang 1919 der Aufstand von links mit dem Einsatz von kaiserlichen und republikfeindlichen Regimentern militärisch beendet wurde, scheiterte der Aufstand von rechts vor allem an dem größten Generalstreik der deutschen Geschichte.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer zeigt Ähnlichkeiten zwischen einer Studie bei der Hamburger Polizei von 1995 und heute auf.
- Der Buchautor Jakob Knab schätzt die Lage bei der Bundeswehr ein, wo es ebenfalls rechtsextreme Tendenzen gibt.
- Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes trennt zwischen "strukturellem Rechtsextremismus" bei der Polizei und einer "mangelhaften Fehlerkultur".
- Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, fordert einen geschützten Raum, in dem Hinweise über rechtsextreme Tendenzen in der Polizei straffrei und ohne Angst vor Mobbing gegeben werden können.
- Geschichtsexperte Dr. Matthias von Hellfeld berichtet, welchen Stellenwert die Polizeien während der Weimarer Republik innehatten.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Esther Körfgen schildert anhand des Tagebuchs ihres Großvaters, eines ehemaligen Offiziers des kaiserlichen Heeres, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen der Polizei der Weimarer Republik und den zurückgekehrten Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs waren.